Wie konnte dies geschehen? BILD berichtet, dass al-Abdulmohsen bereits in der Vergangenheit Drohungen gegen Politiker, Staatsanwälte und die Ärztekammer ausgesprochen hatte. Ganze 80 Hinweise sammelten sich über Jahre hinweg, doch niemand hielt ihn auf. Auch andere Quellen bestätigen, dass dieser gefährliche Mann ungehindert seine schrecklichen Pläne bildete. Warum, fragen sich jetzt viele, wurden diese nicht ernst genommen? Im Jahr 2013 drohte er gar der Ärztekammer mit einem Szenario wie dem Boston-Marathon-Anschlag. Vorfälle dieser Art schienen dramatisch, aber nie stark genug, um ernsthafte Konsequenzen nach sich zu ziehen.
Warnungen im Wind verweht
Die Liste potenzieller Vergehen scheint endlos: Ein Koffer mit Hitler-Plakat 2014, Drohungen gegen den Generalstaatsanwalt 2015 und ein Kopfgeldangebot im Mai 2023. Der Mann war kein Unbekannter für die Behörden, doch seine schockierende Tat im Dezember des Folgejahres zeigte deren krasses Versagen in voller Tragweite. Selbst als eine junge Frau aus Saudi-Arabien die beunruhigenden Aktivitäten al-Abdulmohsens auf der Social-Media-Plattform X meldete, wurden diese Hilferufe nicht ernst genommen. Stattdessen wanderten die Drohungen weiter durch die uneinheitlichen Strukturen der Sicherheitsbehörden.
Volker Boehme-Neßler, ein Verfassungsexperte von der Uni Oldenburg, äußerte in der BILD seine Fassungslosigkeit darüber, dass so viele entscheidende Hinweise einfach im Sande verlaufen konnten. Dies sei ein klares Zeichen dafür, dass die Behörden schlicht versagten. Die politisch Verantwortlichen müssten sofort handeln und könnten sich nicht hinter Ausreden verstecken.
Kommentar: Auch bei dem LKW-Anschlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin im Dezember 2016 wussten die Behörden im Vorfeld über die Umtriebe und Vernetzungen des Attentäters Anis Amri Bescheid. Schützenhilfe erhielt dieser damals offenbar sogar durch den deutschen Verfassungsschutz:
Ups! Deutscher Verfassungsschutz als Terrorhelfer bei Attentat in Berlin?
Unklare Zuständigkeiten und mangelnde Reaktion
Terrorismus-Experte Peter R. Neumann beleuchtet einen entscheidenden Aspekt dieses kollektiven Versagens: die zersplitterte Behördenstruktur. Er betont, dass es keine zentrale Stelle gab, an der alle Hinweise zusammengeführt wurden. Diese "Kultur des Durchreichens", bei der keine Verantwortung übernommen wurde, wurde durch den komplexen Charakter des Täters noch verstärkt. Al-Abdulmohsen fiel in keine klassische Bedrohungskategorie und blieb so unter dem Radar der Sicherheitskräfte.
Mit einer Mischung aus ideologischen und psychischen Problemen sorgte er dafür, dass man ihm nirgends Einhalt gebot. Experten warnen vor weiteren Desastern: Wenn das System nicht reformiert wird, könnten Täter wie Taleb al-Abdulmohsen erneut zuschlagen.
Am Ende bleibt die Frage nach der Gerechtigkeit. Die Opferfamilien stehen vor Trümmern ihrer Existenz, während Verantwortliche von dunklen Geheimnissen und möglichen Vertuschungen sprechen. Eines ist sicher: Die Folgen dieses Dramas werden Magdeburg und Deutschland noch lange in Atem halten.
Kommentar: Behördenversagen und eine überkommene Täterprofilierung ist vermutlich eine Facette der Frage nach dem Warum für diese schrecklichen Ereignisse.
Doch ist es auch sehr wahrscheinlich, dass weitere Aspekte mit hineinspielten, die eine Art "willkommene Duldung" dieses Anschlags vonseiten des Staates begünstigten: Nämlich dass der Täter von Magdeburg sich einerseits als AfD-Anhänger und Anti-Islamist profilierte (Stichwort: Wahlkampf), aber zugleich die Menschen durch solche Anschläge in Schock versetzt werden und somit gewillter sind, eine Ausweitung biometrischer Überwachung zu akzeptieren. Siehe etwa diesen Post auf Telegram: Und hier ein Post von Markus Söder in den sozialen Medien, der im Nachgang des Anschlags von Magdeburg für einen Ausbau der Überwachungsinfrastruktur wirbt: