Um möglichst rasch in die Schlagzeilen zu gelangen, gibt es für einen Wissenschaftler ein einfaches Rezept: Führe eine Studie zu einem ideologisch aufgeladenen Thema durch! Daran hielt sich jahrelang auch der niederländische Psychologe Diederik Stapel, der 2002 als Professor für Kognitive Sozialpsychologie an die Universität Groningen berufen wurde und 2010 den Posten des Dekans an der Tilburg School of Social and Behavioral Sciences übernahm.

Im April 2011 veröffentlichte er gemeinsam mit einem Kollegen im US-Fachblatt Science einen Artikel, worin es heißt, dass eine schmutzige Umgebung die Benutzung von Stereotypen sowie ein diskriminierendes Verhalten fördere. Auf dem Hauptbahnhof von Utrecht, der wegen eines Streiks mit Müll übersät war, hatten die Forscher zuvor 40 Niederländer gefragt, was sie über Homosexuelle und Muslime dächten. Eine Woche später wiederholten sie die Befragung auf dem mittlerweile gesäuberten Bahnhof. Bei Anwesenheit von Schmutz und Unordnung, so resümierte Stapel, seien Homosexuelle und Muslime viel stärker mit negativen Eigenschaften belegt worden als in einer sauberen Umgebung.

Zeitungen auf der ganzen Welt griffen diese »Botschaft an die Politik« sofort auf. Focus und Spiegel berichteten darüber ebenso ausführlich wie die »Frankfurter Rundschau« und die »Neue Zürcher Zeitung«. Inzwischen jedoch ist die ganze Studie, die vielleicht sogar Bedenkenswertes enthält, wertlos geworden. Denn nachdem Stapel von einigen jungen Kollegen der Datenfälschung verdächtigt worden war, setzte die Universität Tilburg einen Untersuchungsausschuss ein, der diesen Vorwurf jetzt bestätigt hat.

Auch andere Studien des erfolgsverwöhnten Psychologen sind dabei ins Zwielicht geraten. So hatte dieser mit zwei Kollegen von der Universität Nimwegen in einer Presseerklärung jüngst die These vertreten, dass Fleischesser egoistischer und mithin stärker asozial geprägt seien als Vegetarier. Schon der Gedanke an Fleisch mache Menschen unkooperativ, hieß es da. Zum Beleg diente den Forschern ein sogenanntes Verteilspiel, bei dem sich die Testpersonen deutlich eigensinniger verhielten, wenn sie zuvor ein Bild mit einem Stück Rindfleisch statt eines mit Baum betrachtet hatten.

Doch die Freude unter Vegetariern währte nicht lange. Inzwischen hat Stapel die Fälschung der Studiendaten eingestanden und sich bei seinen Kollegen für sein Fehlverhalten entschuldigt. Das jähe Ende seiner Karriere konnte er damit freilich nicht verhindern. Bereits im September war Stapel in Tilburg entlassen worden. Er versicherte, nie wieder in den Universitätsbetrieb zurückkehren zu wollen.

»Das ist eine Riesenblamage«, schimpft die an der Vegetarier-Studie beteiligte Psychologie-Professorin Roos Vonk, die von Stapel zuvor freigiebig mit Daten beliefert worden war: »Vermutlich gibt es gar keine Forschung über die Auswirkung von Fleisch auf die Persönlichkeit der Menschen.« Das klang vor wenigen Wochen noch ganz anders. Denn da hatte Vonk aus Stapels Daten kühn gefolgert: »Fleischesser denken auch eher über Dinge wie Dominanz und Hierarchie nach als Vegetarier.«

Er sei für die Fälschungen ganz allein verantwortlich, ließ Stapel jetzt wissen. Ob das stimmt, ist wohl erst nach weiteren Nachforschungen zu klären. Immerhin gibt es über 150 wissenschaftliche Artikel, an deren Veröffentlichung er seit 2004 beteiligt war. Einige Dutzend davon, so hat der Untersuchungsausschuss bis jetzt festgestellt, beruhen auf gefälschten Daten.