Wen Jiabao, China
© dpa/Olivier HosletWen Jiabaos Milliardenvermögen wird für sein "volksnahes und bescheidenes" Image unter Verschluss gehalten.
Mit Totalzensur reagiert China auf einen Bericht der „New York Times“ zum Milliarden-Vermögen von Regierungschef Wen Jiabao. Foren und Websites werden radikal überwacht. Der Bericht kommt für Wen zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt.

Nach den Enthüllungen der New York Times über das Vermögen der Familie von Chinas Regierungschef Wen Jiabao haben die chinesischen Behörden weitreichende Maßnahmen zur Zensur des Internets getroffen. Die Webseite der US-Zeitung war am Samstag weiter unzugänglich in China und alle Kommentare in Internetforen zu dem Artikel wurden umgehend gelöscht. Auf dem Kurznachrichtendienst Sina Weibo waren Suchen mit den Worten „Wen Jiabao“ und New York Times gesperrt.

Wens Familie besitzt Anteile im Wert von gut zwei Milliarden Euro

„Nur ein kleiner Teil der chinesischen Internetnutzer wird von diesem Artikel erfahren“, sagte der auf die chinesische Politik spezialisierte Sinologe Willy Lam. Er schätzte die Zahl der Nutzer, die von dem Artikel wüssten, auf fünf bis zehn Prozent. Laut Lam war bereits einiges über das Vermögen von Wens Sohn und Frau in China bekannt, doch enthalte der Artikel neue Zahlen und bisher unbekannte Beweise.

Die New York Times hatte am Freitag berichtet, die Familie Wens besitze Beteiligungen in Höhe von 2,7 Milliarden Dollar (2,1 Milliarden Euro) an Firmen im Banken-, Tourismus- und Telekommunikationssektor. Die Zeitung beruft sich auf eine Auswertung von Unternehmens- und Börsenmitteilungen zwischen 1992 und 2012. Dem Bericht zufolge verfügt Wen selbst über keine Beteiligungen, genannt werden aber unter anderem seine Mutter, seine Frau, sein Sohn und seine Tochter.

Öffentlich präsentiert sich Wen als braver Staatsdiener

Der Bericht steht dem Bild Wens entgegen, ein bescheidener Staatsdiener zu sein, der streng gegen Korruption und Vetternwirtschaft in der Volksrepublik vorgeht. Die Enthüllungen sind besonders brisant, da in wenigen Tagen der 18. Kongress der Kommunistischen Partei Chinas beginnt, bei dem Wen Jiabao und Präsident Hu Jintao die Führung an die nächste Generation übergeben wollen.

saw/AFP