Deutschlands Städte und Gemeinden stehen am Rande des Finanz-Kollapses: Fast jede Stadt rechnet mit steigenden Schulden, jede dritte Kommune wird ihre Kredite nicht mehr aus eigener Kraft begleichen können. Und die Lage droht noch desaströser zu werden.

Die Schere zwischen armen und reichen Städten in Deutschland geht immer weiter auf: Trotz der guten Wirtschaftslage droht einer wachsenden Zahl von Städten die Schuldenfalle. Fast jede zweite Kommune wird einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage der Beratungsgesellschaft Ernst & Young zufolge in den kommenden Jahren tiefer in die roten Zahlen rutschen.

„Dass sie überhaupt aus eigener Kraft ihre Schulden jemals werden tilgen können, erwarten nur noch zwei von drei Kommunen“, erläuterte Ernst & Young-Partner Hans-Peter Busson. Die Kämmerer stellen sich für 2013 auf weniger Einnahmen ein. Zudem fürchten sie steigende Sozialausgaben, etwa für die Grundsicherung im Alter. Bürger klammer Kommunen müssen sich zugleich auf höhere Steuern und Gebühren gefasst machen. Jede dritte Gemeinde will die Grundsteuer für Immobilienbesitzer erhöhen.

Einnahmen sinken im Vergleich zu 2011

Wie Ernst & Young in der Umfrage unter 300 Kommunen mit jeweils mehr als 20 000 Einwohnern ermittelte, rechnen die Kämmerer für 2013 mit um 0,9 Prozent schrumpfenden Gesamteinnahmen im Vergleich zum Jahr 2011. Die Gelder aus der Gewerbesteuer sollen 2013 sogar um 1,1 Prozent zurückgehen: „Offensichtlich rechnen die Kommunen mit einer schwachen Konjunkturentwicklung“, erklärte Busson.

Zugleich weisen immer mehr Städte ein Defizit auf. Voraussichtlich mehr als die Hälfte von ihnen wird das Haushaltsjahr 2012 mit roten Zahlen abschließen - drei Prozentpunkte mehr als 2011. Der Anteil der Gemeinden mit Haushaltsüberschuss sinkt sogar um 13 Punkte.

Immer mehr Städte und Gemeinden müssen daher sogenannte Haushaltssicherungskonzepte erstellen, wobei die Kommunalaufsicht den Kämmerern genau auf die Finger schaut. In den vergangenen drei Jahren mussten 45 Prozent der Kommunen den Aufsehern Spar- und Schuldenabbaupläne vorlegen. In den kommenden drei Jahren werden es voraussichtlich 64 Prozent sein.

Kommunen müssen hohe Schuldenlast schultern

Jede fünfte Kommune weist einen Gesamtschuldenstand auf, der das jährliche Haushaltsvolumen übersteigt. Fast jede zweite Stadt rechnet damit, dass der Schuldenberg in den kommenden drei Jahren größer wird. Zugleich geht die Schere zwischen armen und reichen Gemeinden immer stärker auseinander.

Von den Kommunen, die 2012 einen Haushaltsüberschuss aufweisen, gehen 61 Prozent davon aus, dass sie ihre Schulden in den kommenden drei Jahren verringern können. Die Kommunen mit Haushaltsdefizit sind pessimistischer: Nur 28 Prozent erwarten einen Rückgang.

Um der Finanzmisere Herr zu werden, setzen Städte und Gemeinden weiter den Rotstift an. 41 Prozent planen, Leistungen zu reduzieren oder abzuschaffen - etwa bei der Straßenbeleuchtung oder bei der Kinderbetreuung. 81 Prozent der Kommunen wollen 2012/13 zudem Steuern und Gebühren erhöhen.

cp/Reuters