Der ehemalige
SS-Hauptsturmführer Erich Priebke
© ReutersSS-Hauptsturmführer Erich Priebke (rechts)
SS-Hauptsturmführer Erich Priebke ist tot. Der älteste deutsche Kriegsverbrecher starb im Alter von 100 Jahren in Rom. Erst 1998 war er wegen seiner Beteiligung an Erschießungen zur NS-Zeit zu lebenslanger Haft verurteilt worden.


Der frühere SS-Offizier und in Italien als Kriegsverbrecher verurteilte Erich Priebke ist tot. Er starb im Alter von 100 Jahren, wie die Nachrichtenagentur Ansa am Freitag unter Berufung auf seinen Anwalt Paolo Giachini berichtete.

Bis 1994 hatte Priebke unbescholten unter seinem echten Namen in einem Badeort in Argentinien gelebt. Dann entdeckte ihn ein nach Nazis recherchierender US-Journalist und Priebke wurde nach Italien ausgeliefert. Dort wurde er wegen seiner Beteiligung am Massaker in den Ardeatinischen Höhlen, einem Steinbruchgelände in der Nähe von Rom, vor Gericht gestellt.

1996 wurde Priebke zunächst freigesprochen, 1998 jedoch von einem Militär-Berufungsgericht zu lebenslanger Haft verurteilt. Wegen seines schlechten Gesundheitszustands und seines Alters wurde seine Haftstrafe in Hausarrest umgewandelt. Noch zu seinem 100. Geburtstag war es vor seinem Haus zu Zusammenstößen zwischen Neonazis und der Polizei gekommen.

SS-Truppen erschossen 335 Zivilisten - Priebke führte die Liste

Am 23. März 1944 hatten italienische Partisanen mit Bomben 32 Männer einer deutschen Polizeieinheit getötet. Angeblich auf direkten Befehl Adolf Hitlers sollten für jeden toten Deutschen zehn Italiener sterben. Nur einen Tag nach dem Anschlag führten SS-Truppen insgesamt 335 ahnungslose Männer - der jüngste ein Jugendlicher von 15 Jahren - in die Höhlen, um sie zu erschießen.

Priebke soll als Hauptsturmführer die Namensliste der Opfer, unter ihnen 75 Juden, geführt haben. Er gestand außerdem, zwei Gefangene selbst erschossen zu haben. Er zeigte nie Reue.

Wiesenthal-Zentrum will noch lebende NS-Täter fassen

Das Wiesenthal-Zentrum in Israel forderte angesichts des Todes von Priebke verstärkte Ermittlungen gegen noch lebende Nazi-Kriegsverbrecher. „Das hohe Alter, das Priebke erreichte, erinnert uns daran, wie wichtig es ist, die noch lebenden Täter jetzt wirklich zu verfolgen. Viele der Nazi-Verbrecher erfreuen sich selbst in hohem Alter noch einer robusten Gesundheit. Sie können und müssen deshalb vor Gericht gestellt werden“, sagte Efraim Zuroff, Direktor der israelischen Abteilung des Zentrums, am Freitag.

Das Wiesenthal-Zentrum hatte im Juli eine Kampagne zur Suche nach den letzten überlebenden Nazi-Verbrechern in Deutschland gestartet. Unter dem Motto „Spät. Aber nicht zu spät! Operation Last Chance II“ wurde auf Plakaten an die Bevölkerung appelliert: „Einige der Täter sind frei und am Leben! Helfen Sie uns, diese vor Gericht zu bringen.“ Das Simon-Wiesenthal-Zentrum kämpft weltweit gegen Rassismus, Antisemitismus, Terrorismus und Völkermord und setzt sich für die Förderung von Toleranz ein. Bekannt wurde es mit der weltweiten Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern und Kollaborateuren. Das Zentrum ist nach dem österreichischen Juden Simon Wiesenthal (1908-2005) benannt.

pnh/dn/dpa/AFP