Pflegende haben Schlüsselfunktion im Erkennen der Krankheit

Senior mit Rose
© aboutpixel.de/MackaDepression im Alter braucht aufmerksame Angehörige
Berlin - Depressionen sind im höheren Lebensalter die häufigste psychische Erkrankung. Das bei Herbig erschienene Ratgeberbuch Altersdepression - eine unterschätzte Gefahr widmet sich diesem Problem, das auch in Senioren- und Pflegeheimen häufig auftritt. "Da bei Alten Gesundheitsprobleme zunehmen, tut man eine schlechte bis depressive Stimmung oft als normal ab. Dabei ist Depression eine schwere Krankheit, die gut behandelt werden kann", betont Buchautor Frank Schneider, früherer Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde http://www.dgppn.de, im pressetext-Interview.

Rente und Tod des Lebenspartners

40 Prozent der Suizide verüben Menschen über 60 Jahre. Betroffen sind in vielen Fällen Männer mit nicht erkannter Depression. "Depression entsteht auch im Alter meist durch die Verkettung sowohl biologischer als auch äußerer Ursachen", erklärt der Aachener Psychiater. Gibt es vorbelastete Familienmitglieder oder litt man schon früher einmal an Depression, ist die Verletzlichkeit höher. Auslöser sind oft belastende Ereignisse wie etwa der Verlust des Lebenspartners oder die Pensionierung, jedoch auch Erkrankungen wie etwa Herzinfarkt oder Diabetes spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Die Auswirkungen auf den Alltag sind enorm. "Besonders gebrechliche Depressive verlieren ihren Selbstwert, gehen nicht mehr unter die Leute und vereinsamen, was ihr Leiden nur verschlimmert", so Schneider. Häufig übernehmen Betroffene ein Vorurteil ihrer Umgebung - dass ihr Zustand bloß eine Alterserscheinung sei. "Alarmzeichen darf man deshalb nicht übersehen, vor allem die betrübte und depressive Stimmung, Interessensverlust und Freudlosigkeit, Ermüdung und fehlender Antrieb", erklärt der Psychiater. Weitere Symptome sind fehlende Zukunftsperspektiven, Schlafstörungen oder auch ausbleibender Appetit.

"Streng dich an" ist völlig falsch

Wer als Angehöriger oder Pflegender derartige Signale erkennt, solle früh als möglich medizinische Hilfe suchen, rät der Experte. "Nahestehende Menschen müssen die Verantwortung übernehmen, wenn bei Senioren Pessimismus und Resignation überhand nehmen, und ihre Beobachtungen dem Haus- oder Facharzt mitteilen. Bestätigt sich die Diagnose Depression, kommt es besonders auf die Unterstützung des Umfeldes an und auf das Bewusstsein, dass es sich um eine schwere psychische Krankheit handelt. Ein 'Streng dich an, dir fehlt nur der Wille' wäre hier bloß ein Schlag ins Gesicht."

Wichtig sei die richtige Reaktion deshalb, da Depression im Unterschied etwa zu Demenz gut behandel- und verbesserbar ist. "Für Depressive gibt zahlreiche Behandlungen von der Psycho- bis hin zur Pharmakotherapie. Hilfen können auch mobile Besuchsdienste wie etwa zur Medikamentenverabreichung, Essen auf Räder oder tagesstrukturierende Stätten sein." Vorsorgen könne man am besten durch ein gesundes, aktives und ausgewogenes Leben und durch das Kontakthalten zu anderen. "Entscheidend ist dabei auch, zu Nahestehenden offen zu sein statt stets nur ein 'mir geht's gut' mitzuteilen", rät der Experte.