Umstrittene Hausgeburten: Forscher sehen wenig Risiken
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© mmphoto – fotoliaHausgeburten sind laut einer Studie kaum gefährlich.

Neue Studie: Hausgeburten bei risikoarmen Schwangerschaften sind meist sicher


Frauen, die ihr Kind zu Hause zur Welt bringen, wird von anderen manchmal vorgehalten, sie würden verantwortungslos handeln. Andere sagen, eine Schwangerschaft „ist doch keine Krankheit“ und muss nicht in einer Klinik ausgetragen werden. Gesundheitsexperten verweisen darauf, dass gewisse Risiken auftreten können. Forscher kommen in einer neuen Studie zu dem Ergebnis, dass es in vielen Fällen sicher ist, sein Kind zu Hause zur Welt zu bringen.

Langer Streit über Pro und Contra von Hausgeburten

In Deutschland und den meisten anderen westlichen Ländern wird der Großteil der Kinder in einem Krankenhaus geboren. Viele Schwangere wollen ihr Baby jedoch lieber in einem Geburtshaus oder zu Hause zur Welt bringen. Eine Schwangerschaft sei schließlich „etwas natürliches und keine Krankheit“. Manche Menschen kritisieren das und verweisen auf gesundheitliche Gefahren, die auftreten können. Seit langem wird über das Pro und Contra von Hausgeburten gestritten. Bei einem unauffälligen Schwangerschaftsverlauf sind Hausgeburten laut Experten ähnlich sicher wie Entbindungen in Kliniken. Studienergebnisse von Wissenschaftlern aus Kanada stärken nun die Position derjenigen, die sich für eine Geburt außerhalb eines Krankenhauses aussprechen.

Hausgeburten bei risikoarmen Schwangerschaften

Wie die kanadischen Forscher im Fachmagazin Canadian Medical Association Journal (CMAJ) berichten, seien Hausgeburten bei Schwangerschaften mit geringem Risiko sicher. Laut der Studie, für die Daten aus der Provinz Ontario ausgewertet wurden, gelte dies sowohl für Mütter, die ihr erstes Kind gebären, als auch für solche, die vorher schon Nachwuchs zur Welt brachten. Die Wissenschaftler berichteten, das Risiko bei geplanten Krankenhausgeburten unterschied sich „nicht signifikant“ von geplanten Hausgeburten. In einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa werden die Resultate aus Kanada von einer Geburtsmedizinerin und einer Hebamme aus Deutschland ganz unterschiedlich bewertet.

Zwei Prozent der Babys werden per Hausgeburt entbunden

Den Angaben zufolge kommen in Deutschland weniger als zwei Prozent der Kinder per Hausgeburt zur Welt. Dieser Anteil ist seit Jahren relativ konstant. Auf der anderen Seite des Atlantiks ist die Rate offenbar vergleichbar: Das Forscherteam um Eileen Hutton von der McMaster University in Hamilton berichtet, dass in Ontario rund jede zehnte Geburt von Hebammen begleitet werde, etwa ein Fünftel davon seien Hausgeburten. Bis zum Jahr 2009 mussten Hebammen in Ontario ihre Arbeit dokumentieren und dem Gesundheitsministerium der Provinz im Südosten des Landes vorlegen. Von den Wissenschaftlern wurden nun fast 11.500 Berichte zu geplanten Hausgeburten von 2006 bis 2009 ausgewertet und mit ebenso vielen geplanten Entbindungen in Krankenhäusern verglichen. Die Forscher achteten dabei auf Totgeburten, Todesfälle von Säuglingen in den ersten vier Lebenswochen und Komplikationen wie zum Beispiel Wiederbelebungsmaßnahmen. Von der Analyse ausgeschlossen waren jedoch Schwangerschaften mit erhöhtem Risiko. Dazu wurden unter anderem Mütter mit Vorerkrankungen wie Herzleiden oder Diabetes gezählt. Und auch Mehrlingsschwangerschaften, Schwangerschaftskomplikationen oder eine Geburt vor der 37. Schwangerschaftswoche.

Dreiviertel der Frauen setzten geplante Hausgeburt um

Laut den Studienergebnissen setzten 75 Prozent der Frauen ohne erhöhte Gefährdung, die eine Hausgeburt geplant hatten, ihr Vorhaben letztlich um. Jede vierte Frau wechselte also noch kurzfristig in ein Krankenhaus. Von denjenigen, die eine Klinik aufsuchten wollten, taten dies 97 Prozent. Rund ein Drittel der Schwangeren (35 Prozent) gebar zum ersten Mal ein Kind. Den Forschern zufolge lag die Häufigkeit von Todesfällen unter den Hausgeburten bei 1,15 pro 1.000, in Krankenhäusern waren es 0,94. Bei den Müttern wurde kein Todesfall bekannt.

Deutsche Expertin äußert sich kritisch

„Unter Frauen, die ihr Kind in Ontario zu Hause mit Hebammen zur Welt bringen wollten, unterschied sich das Risiko für eine Totgeburt, den Tod des Säuglings oder schwere Geburtskomplikationen nicht von den Frauen, die eine Krankenhausgeburt mit Hebammen wählten“, berichten die Wissenschaftler laut dpa. „Diese Resultate trafen sowohl für die gesamte Gruppe zu als auch für die Untergruppen der Erstgeburten und der Mütter, die vorher schon Kinder zur Welt gebracht hatten.“ Kritik an der Untersuchung kommt unter anderem aus Deutschland. So sieht die Medizinerin Birgit Seelbach-Göbel, Leiterin der Geburtshilfe am Uni-Klinikum Regensburg, eine Verzerrung des Resultats durch das Studiendesign. Jede Vierte der Hausgeburtsfrauen seien letztlich doch noch kurzfristig für die Geburt in eine Klinik gebracht worden, bei den Erstgebärenden seien es sogar 45 Prozent gewesen. Diese Resultate seien aber trotzdem zu den Hausgeburten gezählt worden. „Das verfälscht das Ergebnis.“ Laut der Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe werde in Deutschland etwa jede sechste Frau, die eine Hausgeburt plant, letztlich noch in eine Klinik verlegt, bei Erstgebärenden seien es sogar rund 30 Prozent.

Sicherheit von Mutter und Kind

Katharina Jeschke vom Deutschen Hebammenverband meinte jedoch, die kanadische Studie bestätige Daten aus Deutschland. Die Vorsitzende der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe sagte: „Bei einer guten Anamnese ist die Sicherheit von Mutter und Kind bei Hausgeburten und Klinikentbindungen gleich. Das geht eindeutig aus der Studie und auch aus deutschen Daten hervor.“ Wenn Frauen, die eine Hausgeburt planen, doch noch in eine Klinik gebracht würden, gehe dies der Expertin zufolge in der Regel nicht auf einen medizinischen Notfall zurück. Lediglich 1,3 Prozent der kurzfristigen Verlegungen in eine Klinik im Jahr 2013 seien in Eile durchgeführt worden.

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