Ärzte sorgen sich um die dicken, kranken Bäuche von Europas Kindern. Ein neuer Bericht zeigt, dass schon jedes dritte Kind bis neun Jahre übergewichtig ist. Das hat dramatische Folgen für zwei Organe.
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Kinder haben Bauchweh. Weil sie nicht in die Schule wollen, weil sie mit dem besten Freund gestritten haben, weil die letzte Kugel Eis doch zu viel war. Kinder bekommen dann eine Wärmflasche und einen Tee. Das gehört zum Kleinsein dazu.

Nicht dazu gehören sollten: ernsthaftes Übergewicht, verfettete Lebern, schmerzhaft entzündete Darmschlingen. Diese Krankheiten treffen aber immer mehr Kinder in Europa.

Das liest man in einem soeben veröffentlichten Report der Gesellschaft der Europäischen Gastroenterologen. Und erschrickt. Fettleber, bei Kindern? Das ist sonst eine Krankheit, die schwere Alkoholiker trifft. Nun sollen schon Dreijährige betroffen sein.

Gastroenterologen sind Ärzte, die sich um das Verdauungssystem kümmern, um Magen und Darm, um Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse. Um die Organe, die meistens das Kinderbauchweh verursachen.

Die Ärzte sind alarmiert und sie wollen Alarm schlagen. Dazu dienen solche Berichte. Das Europäische Parlament soll informiert werden. Es gibt Handlungsbedarf, dringend, schreiben die Ärzte. Die Bäuche der Kinder des Kontinents sind zu schwer und zu krank.

In der Leber der Kinder lagert sich Fett ab

Jedes dritte Kind in Europa ist im Alter zwischen sechs und neun Jahren schon krankhaft zu dick. Nicht ein bisschen knuffig. Die Kinder haben keinen Babyspeck. Sondern Übergewicht. Das ist nicht süß, sondern gefährlich, so die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Daten aus 46 Staaten zusammengetragen hat.

Das ist das erste Problem, es ist bekannt, es führt zu weiteren, wie die Ärzte berichten: zu Diabetes und Herz-Kreislauf-Problemen, zu Depressionen bei den Kindern. Und zu Krankheiten an allen Organen, die unter dem Bauchspeck liegen. Vor allem um zwei Organe sorgen sich die Ärzte.

Immer mehr Kinder leiden unter chronischen Erkrankungen der Leber, die für den Stoffwechsel so wichtig ist. Eine Krankheit, die um sich greift, so berichten es die Ärzte, ist die nichtalkoholische Fettleber. In der Leber der Patienten lagert sich Fett ab. In den 1980er-Jahren wurde die nicht vom Alkohol ausgelöste Fettleber erstmals bei Kindern festgestellt.

Jedes zehnte Kind, das in Europa von einem Arzt behandelt wird, hat laut Report inzwischen diese Leberkrankheit. Meist muss man sagen: Auch diese Leberkrankheit. Sie trifft Kinder, die mit Hepatitis B oder C infiziert sind. Und sie trifft zu dicke Kinder. Fast die Hälfte aller Kinder mit krankhaftem Übergewicht entwickeln eine Fettleber.

Die Patienten können unter Bauchweh leiden wie nach zu viel Eis und sich abgeschlagen fühlen. Weitaus schlimmer sind die langfristigen Folgen. Die Leberkrankheit kann zu Typ-2-Diabetes führen, das Risiko für eine frühe Arterienverkalkung und ein Leberversagen im späteren Leben sind erhöht.

Chronische Entzündungen des Darms

Das zweite Organ, das immer mehr Kindern Schmerzen und ihren Ärzten Sorgen bereitet, ist der Darm. Chronische Entzündungen des Darms werden laut Bericht immer häufiger bereits bei Kindern diagnostiziert. Bei jedem vierten Patienten, der in Europa an Colitis Ulcerosa oder Morbus Crohn erkrankt, tritt das Leiden bereits in der Kindheit auf. Der Krankheitsverlauf ist meist heftiger, wenn die Darmentzündung so früh beginnt.

Ein Zusammenhang zum zunehmenden Übergewicht ist bei den Darmentzündungen nicht klar, schreiben die Experten. Es gebe nicht die eine Krankheitsursache - und es sei noch weitaus mehr Forschung zu diesen Entzündungen notwendig.

Eine Veranlagung liegt meist in der Familie. Aber auch die Darmbakterien entscheiden wohl darüber mit, ob sich eine Entzündung entwickelt und wie schwer sie verläuft. Zu viele Antibiotika in der frühen Kindheit, die auch wichtige Bakterien im Darm angreifen, könnten das Risiko erhöhen. Auch eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung mit viel Obst und Gemüse, wenig Süßigkeiten und fettigen Snacks hilft der Darmflora.

Den Bäuchen vieler Kinder in Europa kann man nur mit Wärmflaschen und etwas Tee leider nicht mehr helfen.