Einige Hundert Menschen haben am Dienstag die Absperrung der Nationalgarde durchbrochen, um ihre Familien mit Bedarfsgütern zu versorgen, wie kolumbianische Medien berichten.
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Die Situation mit Lebensmitteln in Venezuela spitzt sich zu. Angesichts des Mangels an Bedarfsgütern hat am Dienstag eine Gruppe von mehr als 500 Menschen die von der Nationalgarde abgeriegelte Grenzbrücke Francisco de Paula Santander in Ureña (Táchira) gestürmt und ist in die kolumbische Stadt Cúcuta einkaufen gegangen. Die meisten der „Grenzverletzer" waren Frauen, die Lebensmittel, Hygieneartikel und Arzneien kauften. Anschließend kehrten sie zurück, wobei sie die venezolanische Nationalhymne sangen.

Auf dem Rückweg mussten die mit Einkaufsbeuteln beladenen Venezolanerinnen einige Stunden an der Grenze warten, bis das venezolanische Militär sie wieder in ihr Heimatland ließ.

„Wir haben uns entschlossen, die Grenze zu überqueren, da wir zu Hause nichts zu essen haben und unsere Kinder hungern, wir leben in großer Not", wie eine Frau der Zeitung La Opinion sagte. Die Kolumbianer hätten ihre Nachbarinnen herzlich empfangen.

Laut der britischen The Guardian haben die Frauen in erster Linie Toilettenpapier, Mehl, Pflanzenöl und Mais gekauft, was in Venezuela schwer zu finden ist. Angesichts des Wechselkurses des venezolanischen Bolívar gegenüber dem kolumbianischen Peso mussten die Frauen im Vergleich zu den Preisen in den staatlich versorgten venezolanischen Lebensmittelgeschäften zehnfach mehr bezahlen, da die Bedarfsgüter in Venezuela vom Staat subventioniert werden.

Laut der Zeitung El Tiempo wurde der Sturm im Instantmessage-Dienst WhatsApp koordiniert und bereits vor zwei Wochen geplant. Die Teilnehmerinnen trugen weiße T-Shirts.

Es war nicht das erste Mal, dass Venezolaner die Grenzsperren durchbrachen und in Kolumbien einkaufen gingen. Vor einem knappen Monat hatten einige Hundert Menschen die Brücke La Unión in der Grenzortschaft Puerto Santander gestürmt, die ebenfalls von der Nationalgarde bewacht worden war. Damals hatten die Teilnehmer der Aktion unter anderem einige kolumbianische Läden geplündert.

Die venezolanisch-kolumbianische Grenze war im August 2015 auf Anordnung des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro zur Bekämpfung des Schmuggels geschlossen worden. Der kolumbianischen „VanGuarda" zufolge hat die Verstärkung der Militäreinheiten an der Grenze die Aktivitäten der kriminellen Gruppierungen nicht beeinflusst, wobei die Spannung in den grenznahen Gebieten ernsthaft zugenommen habe.

Die Gouverneure der grenznahen Bundesstaaten von Venezuela fordern die Regierung auf, die Grenze zu eröffnen. Sonst hätten die Venezolaner keine Möglichkeit, Mangelwaren zu kaufen und im benachbarten Kolumbien zu arbeiten. Die Behörden von Cúcuta und anderen kolumbianischen Städten entlang der Grenze sind allerdings von der Aussicht einer Grenzöffnung nicht begeistert, weil sie einen wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch befürchten. Die Arbeitslosenrate in Cúcuta liegt bei 15,9 Prozent.

Die Wirtschaftskrise und der damit verbundene Warenmangel in Venezuela nehmen nicht ab. Obwohl die Energieprobleme geringer geworden sind, steckt Venezuela tief in einer Rezession. Wegen der sinkenden Ölpreise fehlen dem Land Devisen für die Wareneinfuhr. Es mangelt an Lebens- und Arzneimitteln.