Der Betreiber des weltweit größten Internetknotenpunktes De-CIX hat gegen den Bundesnachrichtendienst (BND) eine Klage eingereicht, wie „Die Zeit Online“ berichtet. Es ist das erste Mal, dass ein Unternehmen sich gegen die Praxis des BND zur Internetüberwachung wehrt.
Internet, Überwachung
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Kommunikationsunternehmen müssen die Gesprächs- und Internetdaten ihrer Kunden herausgeben, wenn der BND danach fragt. Selbstverständlich sollen diese dann auch darüber schweigen. Dem widersetzen können sich diese Unternehmen nur schwer. Selbst beim BND oder Innenministerium nachzufragen, ob die geforderte Datenkontrolle überhaupt rechtlich in Ordnung sei, sei undenkbar.

De-CIX habe jahrelang derartige Überwachungsanordnungen befolgt - jedoch widerstrebend, wie die Zeitung schreibt. Der Betreiber des Unternehmens will diese Praxen nun nicht mehr dulden. Eine entsprechende Klage beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen den BND soll bereits am Freitag eingereicht worden sein.

2008 soll der BND erstmals Daten vom sogenannten „Netzknoten“ in Frankfurt angefordert haben. Laut einem Vertreter des Unternehmens zweifelten die Betreiber schon damals an der Rechtmäßigkeit des Antrags. Heute sei man überzeugt, dass der BND sowie die Bundesregierung bei einer derartigen Praxis zur Internetüberwachung gegen das Grundgesetz verstoßen.

Der BND ist für die sogenannte „strategische Fernmeldeüberwachung“ zuständig. Er darf demnach die Kommunikationsdaten zwischen Deutschland und dem Ausland nach bestimmten Stichworten durchsuchen. Diese muss er jedoch vorher von einer Kontrollkommission des Bundestages genehmigen lassen. Das Gesetz stammt jedoch aus einer Zeit, „als Internet noch keine Rolle spielte“, heißt es.

Bereits 2014 wurde bekannt, dass der BND Daten von De-CIX durchsuchte und die Ergebnisse der Suche mit dem US-Geheimdienst NSA teilte.

Wenn der BND Daten aus dem Ausland sammeln und untersuchen will, gibt es zudem gar kein Gesetz. Nach Auffassung der Bundesregierung darf der BND dies einfach aus dem Grund tun, weil Spionage international weder geregelt noch verboten ist, schreibt Die Zeit.

Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Hans-Jürgen Papier hat in einem Artikel für die Fachzeitschrift Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht schwere Vorwürfe diesbezüglich gegen den BND erhoben. Dass der BND aufgrund der aktuellen Gesetzeslage denke, er könne sämtliche Daten von ausländischen Kommunikationsverbindungen beim De-CIX sammeln, sei „schlicht falsch“. Artikel zehn des Grundgesetzes schütze die Kommunikation, was gleichzeitig ein Menschenrecht sei.
„Der verfassungsrechtliche Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses nach Art. 10 I GG bindet grundsätzlich die deutsche öffentliche Gewalt, mithin auch den Bundesnachrichtendienst, unabhängig davon, ob die Telekommunikationsbeziehungen von Inländern oder Ausländern, im Inland oder Ausland betroffen sind“, schreibt Papier.
Sollte De-CIX den Prozess gewinnen, müssten beispielsweise das sogenannte G10-Gesetz sowie das Gesetz über den Bundesnachrichtendienst neu behandelt werden.

De-CIX verbindet Internetleitungen von hunderten Webanbietern zum Datenaustausch. Nur dadurch ist es möglich, dass sich ein Internetnutzer in Deutschland Websites ansehen kann, die beispielsweise auf Servern in Russland oder Amerika liegen. Der Datenverkehr von Millionen Menschen geht durch die Leitungen des De-CIX in Frankfurt am Main mit mehreren Terabyte pro Sekunde, schreibt Die Zeit.