Skeptikern gilt der Plasma-Physiker Dr. John E. Brandenburg spätestens seit der Veröffentlichung seiner Theorien über den angeblichen Nachweis zweier atomarer Explosionen auf dem frühen Mars als Pseudowissenschaftler. Jetzt allerdings darf Brandenburg seine kontroverse Thesen auf der jährlichen Konferenz des American Institute of Aeronautics and Astronautics (AIAA) „Space 2016“ darlegen.

Mars Detonation
Künstlerische Darstellung der Detonation zweier Nuklearbomben in der Atmosphäre des einst lebensfreundlichen Mars (Illu.).
Long Beach (USA) - Während Brandenburg 2011 seine Theorie noch auf der Vorstellung zweier natürlich verursachter Kernexplosionen - vergleichbar etwa mit dem Naturreaktor Oklo in Gabun - gründete (...GreWi berichtete), hat er diese Sicht seither revidiert und geht davon aus, dass zwei Wasserstoffbomben von einer fremden, interstellare Raumfahrt betreibenden Rasse, gezielt über dem damals nicht nur lebensfreundlichen sondern auch von einer menschenähnlichen Zivilisation bewohnten, Mars zur Detonation gebracht wurden, um diese (erfolgreich) zu zerstören.

„Die Marsoberfläche ist bedeckt mit einer dünnen Schicht radioaktiver Substanzen, darunter Uran, Thorium (s. f. Abb.) und radioaktivem Kalium“, erläuterte Brandenburg 2011 gegenüber dem (heute nicht mehr aktiven) „BBCNewsBlog.com“. „Das Verteilungsmuster dieser Schicht führt strahlenförmig von einem Punkt auf der Oberfläche aus. (...) Eine nukleare Explosion könnte die radioaktiven Partikel über den ganzen Planeten verteilt haben. (...) Karten der Gammastrahlenmesswerte auf dem Mars zeigen einen großen roten Fleck, der wie ein strahlenförmiges Verteilungsmuster der Trümmer aussieht. (...) Auf der gegenüberliegenden Seite des Planeten gibt es hinzu mit der Cydonia Mensae einen weiteren, anderen ‚roten‘ Ort (auf den Karten).“
Isotopen
© J. BrandenburgIn radioaktiven Isotopen (hier die von der NASA-Sonde „Mars Odyssey“ ermittelten Thorium-Werte) in der Marsatmosphäre, sieht Dr. John A. Brandenburg seine Beweise für zwei Atombombenexplosionen über den Regionen Cydonia und Galaxias Chaos.
Es ist nicht zuletzt diese zweite Örtlichkeit, in der Brandenburg seine aktualisierte Hypothese bestätigt sieht, dass die Kernexplosionen eine einstige Marszivilisation ausgelöscht haben - schließlich finden sich in Cydonia mit dem berühmten „Marsgesicht“ (Face on Mars) und pyramidenförmigen Hügeln zahlreiche Strukturen, die von einigen Forschern als Reste künstlicher Monumente, von Kritikern allerdings lediglich als geologische Formationen gedeutet werden.


Mars
© NASAAuf Aufnahmen der Mars-Sonde „Viking 1“ von 1976 (l.) blickte noch ein menschliches Gesicht in den Marshimmel. In den Aufnahmen des „Mars Reconnaissance Orbiters“ (MRO) von 2007 sehen Kritiker dieser Deutung nur noch eine – wenn auch in Ansätzen spiegelsymmetrische – Felsformation.
Neben einer Erklärung für die NASA-Strahlenmesswerte sieht Brandenburg in seiner Explosionstheorie auch eine Erklärung für die heutige rote Farbe des Mars. Der Forscher beruft sich bei seinen Ausführungen auf Werte spektraler Gammastrahlenmessungen durch de NASA, aus welchen erhöhte Werte von Xenon 129 hervorgehen. Ein Anstieg dieser Werte konnte auch schon auf der Erde unmittelbar nach der Kernschmelze von Tschernobyl im Jahre 1986 und auch bereits im japanischen Fukushima gemessen werden.

Laut Brandenburgs Theorie ereignete sich die Explosion mit der Kraft von einer Millionen Megatonnen Wasserstoffbomben in der nördlichen Marsregion „Mare Acidalium“ (s. Abb.), genau dort also, wo sich tatsächlich eine signifikante Konzentration von Radioaktivität finden lässt.

Kritiker verweisen hingegen auf Untersuchungen zahlreicher Meteoriten vom Mars, aus denen bislang keine Anhaltspunkte auf eine einstige nukleare Explosion auf dem Roten Planeten abgelesen wurden. Zudem halten sie die von Brandenburg ebenfalls als Beweise für seine Theorie vorgelegten Nachweise von Trinitit-artigen (als Folge der Nuklearexplosionen in der frühen Marsatmosphäre) Mineralien für vulkanisches Glas.

Dr. John A. Brandenburg
Dr. John A. Brandenburg
„Diese (in der Atmosphäre des Mars und nicht direkt auf dessen Oberfläche gezündeten) Bomben haben keine Krater hinterlassen“, erläutert Brandenburg in einem Interview mit der US-Journalistin Linda Moulton Howe und führt weiter aus: „Wir haben es also mit einer hochentwickelten, Raumfahrt betreibenden Rasse zu tun, die gewaltige nukleare Waffen in einer rücksichtslosen Art und Weise einsetzt. Die Wirkung dieser Waffen war so groß, dass die Absicht nicht nur darin lag, jeden in den Zielregionen Cydonia Mensae und Galaxias Chaos zu töten - es ging grundsätzlich darum, den (gesamten) Planeten zu sterilisieren. Das war deutlich mehr als ein Übermaß an Zerstörung. Wer auch immer dies getan hat, das Ziel war ein vollständiger Genozid des Mars. Man wollte die Marszivilisation zerstören, so dass sie niemals mehr auferstehen konnte. Das würde auch die fehlende Atmosphäre (und das fehlende Wasser) des heutigen Mars erklären.“

- Das vollständige Interview mit Brandenburgs mit Moulton-Howe finden Sie HIER

Derweil ist eine wissentliche Beteiligung des US-Verteidigungsministeriums an Brandenburgs bevorstehender Präsentation unklar: Während eine Pressemitteilung erklärte, Brandenburg habe seine neuesten Entdeckungen und Beweise für seine Theorie dem US-Verteidigungsministerium vorgelegt und vom Pentagon, nach einer „sechsmonatigen Analyse der Daten nicht nur eine Druckbewilligung sondern auch die Erlaubnis erhalten, diese auf der bevorstehenden ‚Space-Konferenz‚ (vom 13.-16. September 2016) vorzustellen“, erklärt der Physiker gegenüber Moulton-Howe lediglich, er und seine Kollegen hätten (da sie u.a. für das US-Verteidigungsministerium arbeiten) ihre Ergebnisse dem Pentagon vorgelegt und „nach sechs Monaten (Anm. GreWi: in denen es offenbar zu keiner Rückmeldung des Pentagons kam?), dann entschieden, diese zu veröffentlichen.“ Bis zum Redaktionsschluss dieser Meldung lag GreWi noch keine Klärung dieser Frage vor.

So kontrovers die Reaktionen auf Brandenburgs bisherige Ausführungen und sicherlich exotische Interpretationen der NASA-Daten diskutiert und von Skeptikern und Kritikern abgelehnt werden, so heftig dürften auch die Reaktionen des Fachpublikums der Space-Konferenz ausfallen. Man darf also gespannt sein.

Ganz so abwegig, wie die grundsätzliche Theorie zunächst klingt, scheint aber zumindest die Vorstellung natürlicher Nuklearexplosionen auf dem Mars nicht zu sein. Schon 2011 bezeichnete Dr. David Beaty vom „Jet Propulsion Laboratory“ (JPL) gegenüber der BBC Brandenburgs Theorie als „faszinierende Idee“. Um diese jedoch wissenschaftlich zu überprüfen, müssten gänzlich neuen Missionen zu Roten Planeten geplant werden. Im Wettstreit mit anderen, möglicherweise dringlicheren Fragestellungen, etwa über einstiges oder sogar noch vorhandenes Leben auf dem Mars, müsste man die Bedeutung dieser Theorie zunächst sorgfältig abwägen.“