Berlin (Deutschland) - In einer aktuellen Studie haben sich internationale Sozialwissenschaftler den Zusammenhang von Kümmern und Lebenszeit untersucht. Das Ergebnis: „Ältere Menschen, die andere unterstützen, leben länger.“
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Wie das Team aus Wissenschaftlern der Universität Basel, der Edith Cowan University, der University of Western Australia, der Humboldt-Universität zu Berlin und des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin aktuell im Fachjournal Evolution and Human Behavior (DOI:10.1016/j.evolhumbehav.2016.11.010) berichtet, tue, wer sich im Alter um andere kümmert, damit auch sich selbst etwas Gutes: „So leben Großeltern, die sich um ihre Enkelkinder kümmern, im Schnitt länger als Großeltern, die das nicht tun.“

Zu diesem Ergebnis kommen die Forscher anhand von Überlebensanalysen von über 500 Menschen im Alter zwischen 70 und 103 Jahren auf der Basis der Berliner Altersstudie (BASE) aus den Jahren 1990 bis 2009.

„Anders als in den meisten Studien zum Thema bezogen die Forschenden gezielt keine Daten mit ein, die intensive Pflegeaufgaben wie Vormundschaften innerhalb der Familie beinhalten“, erläutert die Pressemitteilung der beteiligten Forscher. „Stattdessen verglichen sie Großeltern, die ihre Enkelkinder betreuten, mit Großeltern, die dies nicht taten sowie mit älteren, enkel- oder kinderlosen Menschen, die sich um andere Menschen in ihrem sozialen Umfeld kümmerten.“

Die Ergebnisse der Analysen zeigen demnach, dass sich ein solches Kümmern positiv auf die Lebenszeit der sich Kümmernden auswirken kann: „Die Hälfte der Großeltern, die ihre Enkelkinder umsorgten, lebten noch etwa zehn Jahre nach dem ersten Interview 1990. Ähnlich sieht es bei Menschen aus, die zwar keine Enkelkinder hatten, aber ihre Kinder unterstützten, beispielsweise im Haushalt. Von denjenigen, die sich nicht engagierten, starb dagegen etwa die Hälfte innerhalb von fünf Jahren.“

Zudem konnten die Wissenschaftler aufzeigen, dass der beschriebene positive Effekt des Kümmerns auf die Lebenszeit nicht nur bei Hilfeleistungen und Betreuung innerhalb der eigenen Familie gilt: „Auch kinderlose, ältere Erwachsene, die beispielsweise anderen Menschen emotionalen Beistand leisten, davon profitieren können. Die Hälfte der Engagierten lebte noch sieben weitere Jahre, während diejenigen, die sich sozial nicht engagierten, im Schnitt nur noch vier weitere Jahre weiter lebten.“

Als Patentrezept für ein eigenes längeres Leben solle das Sorgen für andere allerdings nicht verstanden: „Wir gehen davon aus, dass bei einem moderaten Maß von Engagement tatsächlich positive Effekte auf die Gesundheit zu erwarten sind. Wenn es darüber hinaus geht, zeigen frühere Studien, dass dies zu Stress führt, der sich negativ auf die physische und psychische Gesundheit auswirkt“, erläutert Ralph Hertwig, Direktor des Forschungsbereichs „Adaptive Rationalität“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. (Da es in Deutschland nicht der Regelfall sei, dass sich Großeltern vollumfänglich um ihre Enkelkinder kümmern, wurden intensive Pflegeaufgaben nicht in die Analyse miteinbezogen.)

Die Forscher vermuten abschließend, dass die Wurzeln prosozialen Verhaltens ursprünglich in der Familie liegen. „Es scheint plausibel, dass die Entwicklung von prosozialem Verhalten der Eltern und Großeltern gegenüber ihren Nachkommen durch ein neuronales und hormonales System möglich gemacht wurde, das dann auch die Grundlage für Kooperation und altruistisches Verhalten gegenüber Nichtverwandten ermöglichte.“