Medikamente, Pille
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Die Süddeutsche Zeitung und der Verein: „Coordination gegen BAYER-Gefahren“ machen auf das Risikopotential der „Pille“ aufmerksam. Betroffen scheinen zu sein: Aida und Petibelle (Produkte der Bayer Tochter Jenapharm) und die Antibabypillen: Yaz, Yasmin und Yasminelle direkt aus dem Hause Bayer.

Direkt nach der Markteinführung im Jahr 2000 wurden schon mehr als hundert Fälle von schweren Nebenwirkungen gemeldet. 2001 kam es wohl zu den ersten tragischen Todesfällen. Allein in Deutschland sind sieben Frauen nach der Einnahme einer Pille aus dieser Produktreihe verstorben. Bei anderen Patientinnen traten eklatante Nebenwirkungen auf. Einige Frauen traf es so tragisch, dass sie zu Pflegefällen wurden.

Tausende der geschädigten Frauen hatten in den USA eine Sammelklage gegen Bayer angestrengt. Es ging um die Nebenwirkungen des Präparates „Yaz“ und „Yasmin“, die bei den Frauen schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten hatten. Wegen der rigiden Gesetzgebung in den USA zahlte Bayer lieber freiwillig. 1,9 Milliarden Dollar Schadensersatz war dem Konzern die Vermeidung eines Schuldspruches wert. In Deutschland wiesen die Gerichte entsprechende Einzelklagen zurück.

Der Expertenstreit zwischen unabhängigen Wissenschaftlern und dem Bayer- Konzern gibt zu denken: Der Zusammenhang zwischen der Einnahme dieser „Pille der zweiten Generation“ und den Todesfällen ist bis heute nicht wissenschaftlich nachgewiesen. Deshalb sieht der Bayer Konzern auch keine Veranlassung dazu, das Medikament vom Markt zu nehmen. Internationale Studien stimmen überein: das Hormon Drospirenon erhöht das Risiko, ein Blutgerinnsel entstehen zu lassen. Das BfArM registrierte fast 500 Fälle, in denen solche Präparate zu Thrombembolien führten. 16 davon endeten tödlich. In den Pillen der ersten Generation ist Drospirenon noch nicht enthalten. Deshalb wird inzwischen Frauen mit bestimmten Vorerkrankungen, wie Bluthochdruck oder Diabetes dazu geraten, lieber zu den alten und bewährten Verhütungspillen zu greifen.

Die Kontrazeptiva der 2. Generation werden von Bayer sogar unter dem Deckmantel der Familienpolitik in der „Dritten Welt“ erneut vermarktet. Seit 1966 sind die Präparate mit dem Gestragen Levonorgestrel in Deutschland unter dem Markennamen „Jadelle“ im Handel. Das Medikament wirkt als Hormon-Depot für 5 Jahre und wird den Frauen mit einem Implantat eingesetzt. Der Anwendung in unterentwickelten Teilen der Erde mit mangelhafter Gesundheitsversorgung sei praktischer, argumentiert Bayer Health Care. Sogar das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) unterstützt das Projekt. Ganz uneigennützig ist die Campagne aber nicht: Bayer verlangt Abnahmegarantien von 27 Millionen Stück der Implantate (Quelle: bukopharma). Bereits in den 1990er Jahren hatte es Kritik und Proteste wegen schwerwiegender Komplikationen von Jadelle gegeben.

Auch die „neuen Pillen“ sind nicht unproblematisch, sondern anscheinend eher noch gefährlicher. Im Vergleich zu den Vorgänger-Präparaten ist das Risiko einer Lungen-Embolie sogar doppelt so hoch. Darauf hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bereits 2013 hingewiesen. Ich hatte bereits zum Beispiel bereits 2011 meine Leserinnen und Leser im Beitrag: „Moderne“ Anti-Babypillen riskanter als „Alte“ auf diese Zusammenhänge hingewiesen.

Zudem erhöht die Einnahme von Antibabypillen, welche hoch dosiertes Östrogen enthalten, das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, um etwa das Dreifache. Dies betrifft vor allem Frauen, die erst kurze Zeit zu diesem Verhütungsmittel greifen. Insbesondere während der ersten zwölf Monate sei das Risiko am größten. Dies „schlussfolgerten“ Forscher vom Fred Hutchinson Krebszentrum in Seattle (Quelle: Cancer Research, 2014; 74(15): 4078).

In Frankreich wurde die „Akne-Pille“ Diane-35 vom Markt genommen, nachdem sie als Ursache von Thrombosen anerkannt worden war. Eigentlich nur ein „Kosmetik-Produkt“, verschrieben viele Ärzte das Präparat auch zur Empfängnisverhütung. Für mich ein Wahnsinn erster Klasse... Der „bessere“ Part ist aber anscheinend, dass die Diane 35 seit 2015 wieder auf dem Markt ist... (aerzteblatt.de/nachrichten/55360).

Am deutlichsten (nämlich um das 2,7-Fache), erhöht „die Pille“ das Risiko für Brustkrebs, die hoch dosiertes Östrogen enthalten, während Pillen mit einem geringeren Östrogengehalt die Wahrscheinlichkeit lediglich um das 1,6-Fache steigern. Antibabypillen, die Ethylacetat (Essigsäureethylester) enthalten, besitzen ein ebenso hohes Gefährdungspotential: Wer diese einnimmt, hat ein 2,6-mal höheres Risiko, an Brustkrebs zu erkranken.

Im Rahmen einer Untersuchung, an der 1.102 von Brustkrebs betroffene Frauen teilnahmen, fanden die Forscher aus Seattle heraus, dass die meisten Erkrankten die Pille erst weniger als ein Jahr verwendeten. Frauen, die erst kürzlich mit der Einnahme einer Antibabypille begonnen haben, besitzen also laut dieser Studie ein 50 Prozent höheres Krebsrisiko - unabhängig davon, für welchen Pillentyp sie sich entscheiden.

Anmerkung: Diesen Beitrag aus 2010 habe ich mit den Informationen aus 2014 und 2016 aktualisiert.

Aber es gibt noch weitere Informationen! (Stand September 2016):

Neue Präparate der dritten und vierten Generation erwecken gerne den Anschein, als würde die Pille immer harmloser. Sie heißen Minipille oderMikropille und kommen in bunten Verpackungen daher, als wären es Bonbons. Sie haben durchaus einen niedrigeren Östrogengehalt, keinesfalls aber ein geringeres Risiko. Im Gegenteil. Neuere Studien aus Europa und den USA belegen, dass das Thromboserisiko um einiges größer ist als bisher veröffentlicht wurde. Gerne warb die Pharmaindustrie mit der guten Verträglichkeit und den kosmetischen Vorteilen der neuen Pille. Dick war gestern, heute macht die Pille schön - ganz nebenbei... Für mich ein absurdes Schaustück des Pharmamarketings...

Die neuen Präparate wirken tatsächlich nicht mehr wassereinlagernd und auch „hautklärend“. Ein schickes Etui, ein Schminkspiegel noch dazu und fertig war die Illusion ein neues Kosmetikprodukt in der Hand zu halten. Den pickelgeplagten Teenies dürfte selten klar gewesen sein, wie hoch das Risiko einer Thrombose ist und was das für sie bedeuten kann.

Sicher, Akne ist lästig, ein Blutgerinnsel in den Venen jedoch, ein sogenannter Thrombus, kann durchaus den frühen Tod bringen. Mitunter wandert er unbemerkt von den Beinen in die Lunge und löst dort eine Embolie aus. Herzlichen Glückwunsch! In Frankreich starben vier junge und sonst gesunde Frauen an den Folgen einer Thrombose. Sie hatten die Minipille geschluckt. Die gibt es dort für Mädchen nun wenigstens nicht mehr auf Kassenrezept.

Beim Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) sind inzwischen 28 Todesfälle registriert, die mit der modernen Antibabypille in Verbindung gebracht werden (daserste.ndr.de/panorama/archiv/2014/Verhuetungspillen-Weniger-Pickel-hoeheres-Risiko,pille130.html). Dennoch ist sie in Deutschland weiterhin ein Kassenschlager. Laut EU-Beschluss muss inzwischen zwar im Beipackzettel auf das erhöhte Risiko der Mikropillen hingewiesen werden, doch damit verhält es sich, wie mit dem Kleingedruckten im Kaufvertrag. Es findet selten die gebührende Beachtung. Eindringliche Warnschilder, wie sie seit Jahren auf Zigarettenschachteln Vorschrift sind, suchen wir vergeblich.

Ein Gutachten der Europäischen Arzneimittelaufsicht (EMEA) schätzt die Gefahr noch höher ein als das BfArM (Quelle). Die Untersuchung der europäischen Überwachungsbehörde belegt, dass die modernen Pillen das Risiko einer Thrombose um das Drei- bis Vierfache erhöhen können. Je moderner die Pille, desto größer scheint die Thrombosegefahr. Die Pille mit Drospirenon ist beispielsweise doppelt so riskant wie das Vorgängerpräparat mit Levonorgestrel. Studien zeigen, dass vierzehn von 10.000 Frauen, die die Mikropille einnehmen, eine Thrombose entwickeln. Allein in Deutschland verhüten derzeit etwa sieben Millionen Frauen mit der Pille.

Längst hat sich das Risiko der „Pille“ herumgesprochen und viele Frauen suchen nach Alternativen. Viele denken sogar an eine Sterilisation, scheuen aber den Eingriff. Daher bietet Bayer seit einigen Jahren eine „Sterilisation soft“ an. Unter dem Namen „Essure“ vertreibt der Pharmariese nun die kleinen, mit Drahtfedern ummantelten Plastik-Stäbchen. In jeder Praxis kann der Gynäkologe die scheinbar ungefährlichen kleinen Stangen in den Eileiter einsetzen. Ganz ohne Hormone führen sie dort zu Vernarbungen, die den Eileiter verschließen.

Doch die unkomplizierte Sterilisation hat in den USA schon zu tausenden Beschwerden geführt. Nebenwirkungen wie Schmerzen, Blutungen, Übelkeit und Allergien sollen auf das Konto von Essure gehen. Eine Entfernung der Gebärmutter war in einigen Fällen unausweichlich. Bei anderen Frauen kam es trotz Essure zu Schwangerschaften. Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat mehrere dieser Fälle dokumentiert, in denen es dann zum Tod der Föten und auch der Schwangeren kam. Nach einer Zählung von Madris Tomes, die früher für die FDA arbeitete, sind schon über 300 Föten durch Essure zu Tode gekommen (Quelle u.a. edition.cnn.com/2016/02/29/health/fda-essure-birth-control-device/).

Fazit

Über Verhütung sollten sich Paare mehr Gedanken machen, als einfach nur zur Pille oder vermeintlichen Alternativen zu greifen. Vor allem Mini- und Mikropille sollen die Problematik wohl eher verniedlichen, anstatt vernünftig aufzuklären. Der Trend, die Pille zunehmend auch noch als „Lifestyle“ oder „Schönheitsdroge“ anzubieten, schlägt dem Pharma-Fass mal wieder den Boden aus...