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Die Berichte über die wachsende die zunehmende Armut in Deutschland reißen nicht ab. Eine neue Studie kommt nun zu dem Schluss, dass Kinderarmut in Deutschland ein Dauerzustand sei. Nun müsse die Politik einschreiten, um der Entwicklung entgegenzuwirken.

Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland lebt laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung länger als fünf Jahre in armen Verhältnissen. Für zusätzlich zehn Prozent der Kinder in der Bundesrepublik ist Armut nach der Untersuchung, die am Montag vorgestellt wurde, zumindest ein zwischenzeitliches Phänomen:
Kinderarmut ist in Deutschland ein Dauerzustand. Wer einmal arm ist, bleibt lange arm. Zu wenige Familien können sich aus Armut befreien", sagt Stiftungsvorstand Jörg Dräger zum Ergebnis der Studie.
Als armutsgefährdet gelten Kinder, die in einem Haushalt leben, der über weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommens verfügen kann oder vom Staat eine Grundsicherung erhält. Wie viele Kinder in armen Verhältnissen leben, ist bekannt. Neu aber: Für die Studie haben die Forscher erstmals über den Zeitraum von 2011 bis 2015 untersucht, wie durchlässig die sozialen Milieus sind.

Armut bedeutet laut Bertelsmann-Stiftung für die Kinder vor allem Verzicht. Die Grundversorgung ist in der Regel gewährleistet, aber die Betroffenen sind vom gesellschaftlichen Leben abgekoppelt. Um das messbar zu machen, fragen die Wissenschaftler, welche 23 Güter und Aspekte aus finanziellen Gründen in den Familien fehlen. Darunter fallen Kinobesuche, Freunde einladen, Computer mit Internetzugang oder eine ausreichend große Wohnung. Kinder in einer dauerhaften Armutslage geben laut Studie an, dass ihnen im Schnitt 7,3 der abgefragten Güter fehlen.

Kinder mit zwischenzeitlicher Armutserfahrung geben an, im Durchschnitt auf 3,4 Dinge verzichten zu müssen. Kinder, die dauerhaft in gesicherten Verhältnissen leben, fehlen aus finanziellen Gründen im Schnitt nur 1,3 der abgefragten 23 Güter.

Die zukünftige Sozialpolitik muss die Vererbung von Armut durchbrechen. Kinder können sich nicht selbst aus der Armut befreien - sie haben deshalb ein Anrecht auf Existenzsicherung, die ihnen faire Chancen und gutes Aufwachsen ermöglicht", appeliert Dräger an die Politiker.

Daher solle die Politik Kinder nicht wie kleine Erwachsene behandeln, sondern die bisherigen familienpolitischen Leistungen neu bündeln und unbürokratisch helfen.


Das Armutsrisiko von Alleinerziehenden hat sich nach einem Bericht der Saarbrücker Zeitung in den vergangenen Jahren spürbar erhöht. Im Jahr 2016 verfügten 43,6 Prozent dieser Bevölkerungsgruppe über entsprechend geringe Einkünfte. Im Jahr 2005 lag der Anteil noch bei 39,3 Prozent. Das Blatt beruft sich für seine Angaben auf aktuelle Daten der Bundesregierung, die die Sozialexpertin der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, abgefragt hatte. Demnach war auch deutlich mehr als jeder dritte Alleinerziehenden-Haushalt mit minderjährigen Kindern auf Grundsicherung für Arbeitssuchende (Hartz IV) angewiesen. Der Anteil lag bei 36,9 Prozent. In absoluten Zahlen waren das 606.000 - knapp 42.000 mehr als 2005.

Nun erklärten die Grünen, dass sie sich in den Sondierungsgesprächen für das Thema Kinderarmut stark machen würden. Dazu sagte die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt:
Ich möchte nicht in vier Jahren dastehen für den Fall, dass wir an einer Regierung beteiligt wären, und noch einmal sagen müssen, jedes fünfte Kind lebt in Armut.
Es brauche Investitionen in Familien, erklärte Göring-Eckardt weiter. Auch die Linken sehen dringenden Handlungsbedarf:
Die Bekämpfung von Kinderarmut muss ein zentraler Punkt des Koalitionsvertrages werden", forderte Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender von den Linken.

Caritas-Präsident Peter Neher forderte, den Kinderzuschlag abzuschaffen und in ein einheitliches Transfersystem zu integrieren. Um Eltern möglichst früh Hilfe zu gewähren, hält er weiter die flächendeckende Einrichtung präventiver Lotsendienste in Geburtskliniken für erforderlich, damit alle Eltern Zugang zu frühen Hilfen erhalten. Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK forderte, die Regelsätze für die Grundsicherung zu erhöhen.

(RT Deutsch/dpa)