Die nächsten Jahre mehr Polarlichter erwartet

Wenn auf der Erde mal ein Generator durchschmilzt oder im All ein Satellit verschwindet, dann könnte das an Flecken auf der Sonne liegen. Einen von ihnen hat die NASA derzeit besonders im Blick: Sonnenfleck 1302 sendet extrem starke Blitze aus.
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© Gerstheimer/nh

Behemoth - ein Ungeheuer aus dem alten Testament - nennt die NASA den Sonnenfleck 1302. Vom einen Ende zum anderen misst er mehr als 100.000 Kilometer. Ein Ungeheuer, das Blitze spuckt. Flares - sehr starke Blitze, oft verbunden mit sehr energiereichen Teilchen. Passt die Richtung, erreichen diese Teilchen 20 bis 30 Minuten nach dem Blitz die Erdumlaufbahn.

Sonnenfleck 1302 hat bereits mehrere Flares geboren. Und er schickt die Teilchen Richtung Erde. "Die Intensität solcher Ereignisse ist schwer vorherzusagen und variiert. In vielen Fällen erzeugen sie geomagnetische Stürme und sind mit vermehrt auftretenden Polarlichtern verbunden", erklärt der Astrophysiker Dr. Bernd Inhester vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung.
Flares - extrem starke Blitze

Der Flare schickt energiereiche Teilchen, die die Erde in etwa 20 bis 30 Minuten erreichen. Sie bringen die Gefahr von Strahlenschäden für Astronauten im Weltraum - unsere Erdoberflache hingegen ist gegen die Teilchen weitgehend abgeschirmt durch Magnetosphäre und Atmosphäre.

Mit dem Flare verbunden ist ein Massenauswurf auf der Sonnenoberfläche: Diese große Plasmawolke (ca. 10 hoch 10 Tonnen) erreicht die Erde nach etwa 2 Tagen. Sie deformiert die Magnetosphäre. Die Folge sind Polarlichter und ein geomagnetischer Sturm mit starken Ströme in der Ionosphäre - also in rund 100 km Höhe in der Polarlichtzone. Induktionserscheinungen in Stromnetzen.
Farbiges Schauspiel

Die NASA berichtete über einen sehr heftigen geomagnetischen Sturm, bei dem Polarlichter nicht nur an den Erdpolen auftraten, sondern auch in den US-amerikanischen Bundesstaaten Michigan, New York, South Dakota, Maine und Minnesota beobachtet wurden. "Grüne und rote Lichter, vertikal in den Himmel gerichtet", beschreibt Sterngucker Travis Novitsky aus Minnesota.

"Polarlichter sind ein Zeichen der Deformation der Magnetosphäre unseres Planeten durch den verstärkten Druck des Sonnenwindes und seine energiegeladenen Teilchen. Mit solchen Ereignissen können wir beim derzeitigen Aktivitätszyklus der Sonne in den kommenden zwei, drei Jahren verstärkt rechnen", sagt Astrophysiker Inhester. Und in den meisten Fällen bleibt es bei diesem faszinierenden Phänomen.

Geschmolzener Transformator

"Für uns auf der Erdoberfläche ist das erst mal ungefährlich. Die weniger energiereichen Teilchen werden vom Magnetfeld der Erde abgehalten. Nur die ganz energiereichen Teilchen schaffen es auch bis auf die Erdoberfläche", so Inhester. Im Extremfall können starke geomagnetische Stürme zu Induktionserscheinungen am Stromnetz führen. "Besonders gefährdet ist die Region der Polarlichtzone, also Skandinavien, Kanada und Nordrussland. Dort kann auch schon einmal ein Transformator zum Schmelzen gebracht werden."

Je weiter wir uns von der Erde entfernen, desto ungehemmter kann die solare Energieschleuder allerdings ihre Wirkung entfalten. "Passagiere in Flugzeugen in 10 Kilometern Flughöhe sind bereits erhöhter kosmischer Strahlung ausgesetzt", erklärt Bernd Inhester. Und besonders problematisch sind solche Stürme für die Raumfahrt. "Die Teilchen haben sehr hohe Energien, sie durchdringen die Wände einer Raumstation ohne Probleme und hinterlassen eine Spur von Sekundärelektronen. Sie laden die Materie, die sie durchdringen, elektrisch auf. Und sie können beim Menschen, die sich im Weltall aufhalten, auch zu Strahlenschäden führen."

Den Stecker ziehen

Doch nicht nur die Gesundheit der Astronauten liegen den Warndiensten von NASA und ESA am Herzen - auch die Technik in unserer Erdumlaufbahn. "Durch die kosmische Strahlung kann sich ein Satellit elektrostatisch aufladen. Das kann zu Entladungen im Satelliten führen und die Elektronik zerstören", so der Astrophysiker vom Max-Planck-Institut. Für die Betreiber von Satelliten kann es also sehr wichtig sein, rechtzeitig über bevorstehende Energiestürme im All informiert zu sein - um einen Satelliten zum Beispiel durch das Abschalten besonders empfindlicher Schaltkreise vor einem Kurzschluss zu schützen. So wie wenn man zu Hause bei Gewitter den Netzstecker vom Computer zieht.

Aber auch das ist keine Garantie, die Technik vor dem Teilchensturm zu schützen. Dr. Inhester: "Es hat Fälle gegeben, bei denen Satelliten zeitgleich zu Flares einfach verschwunden sind. Wir kennen den Zusammenhang nicht genau, aber durch die Zeitgleichheit liegt es nah, dass Flares schon den einen oder anderen Satelliten gekillt haben."