Urteil in erster Instanz gegen Silvio Berlusconi: Für vier Jahre sollte er nach einem Verfahren um Steuerbetrug hinter Gitter. Das Urteil fällt aber unter eine Amnestieregelung aus Berlusconis Zeit als Regierungschef. Es bleibt nur ein Jahr Haft. Zudem bleiben seinen Anwälten zwei Berufungsverfahren, die sich über Monate hinstrecken könnten.
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© dapdPsychopath Silvio Berlusconi streitet alles ab.
Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi ist in einem Prozess um Steuerbetrug und Schwarzgeldkassen zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Das Urteil eines Mailänder Gerichts fiel umgehend unter eine Amnestieregelung aus dem Jahre 2006. Dieses war wegen "überfüllter Gefängnisse" in Italien beschlossen worden. Demnach beträgt die erstinstanzlich verhängte Gefängnisstrafe jetzt nur noch ein Jahr, die restlichen drei Jahre würden Berlusconi erlassen, teilte das Gericht am frühen Abend mit. Es gilt jedoch als sicher, dass die Anwälte Berlusconis auch dagegen Berufung einlegen werden.

Zudem ist offen, ob das Urteil in einem Berufungsverfahren überhaupt rechtskräftig werden kann. Denn Berlusconis Anwälte spielen auf Zeit und damit auf eine Verjährung der Straftaten. Der 76-Jährige war einer von elf Angeklagten in dem vor sechs Jahren begonnenen Verfahren um Berlusconis Konzern Mediaset.

Berlusconi war nach Auffassung des Gerichts in den 1990er Jahren persönlich in eine Kette fingierter Verkäufe verwickelt. Beim Verkauf von TV-Rechten des Mediaset-Konzerns seien die Kosten um Hunderte Millionen Dollar aufgebläht worden, argumentierte Staatsanwalt Fabio De Pasquale.

Die Staatsanwaltschaft hatte für den 76 Jahre alten Medienzaren drei Jahre und acht Monate Haft beantragt. Das Gericht ging noch darüber hinaus und untersagte es Berlusconi überdies für drei Jahre, öffentliche Ämter zu bekleiden. Die Verurteilten müssen außerdem zehn Millionen Euro an die italienischen Steuerbehörden bezahlen, entschieden die Richter.

Anwälte setzen auf Verjährung

Berlusconi hatte wie bereits in anderen Prozessen wiederholt seine Unschuld beteuert. In seiner Zeit als Ministerpräsident hatte er mit mehreren Justiz-Gesetzen dafür gesorgt, dass das Mediaset-Verfahren wie auch andere Prozesse gegen ihn unterbrochen wurden. Damit rückten die ihm vorgeworfenen Straftaten näher an eine Verjährung heran.

Tatsächlich könnte der Prozess nach zwei Berufungsinstanzen noch eineinhalb Jahre dauern, dann aber mit einem Haftantritt des ehemaligen Regierungschefs enden. Derzeit sind noch zwei weitere Verfahren gegen Berlusconi anhängig, die in ähnlicher Weise verlaufen und mit einer Haftstrafe enden könnten. Dazu zählt der sogenannte Mailänder Sex-Prozess, in dem es um Sex mit Minderjährigen und um Amtsmissbrauch geht. Auch in dem Verfahren könnte ein Urteil in der ersten Instanz noch vor dem Jahresende fallen.

Clooney kommt nicht

Der Sex-Prozess wurde am selben Tag ohne prominente Zeugen fortgeführt: US-Filmstar George Clooney und seine frühere Freundin Elisabetta Canalis glänzten im Mailänder Justizpalast durch Abwesenheit. Beide sollten als Zeugen der Verteidigung Berlusconis in dessen Verfahren um Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch aussagen. Die Staatsanwaltschaft kritisierte die Verteidigung, die Clooney zu spät geladen habe und auf Zeit spiele, um das Verfahren näher an eine Verjährung zu bringen.

Berlusconis Verteidigung erhoffte sich von Clooney möglicherweise die Aussage, bei Festen in einer Villa Berlusconis keine wilden Partys mit sexuellen Ausschweifungen gesehen zu haben. Laut Berlusconi ging bei seinen Partys alles mit rechten Dingen zu.

Überraschender Rücktritt von der aktiven Politik

Berlusconi hatte am Mittwochabend überraschend bekanntgegeben, bei der Parlamentswahl im Frühjahr 2013 nun doch nicht noch einmal ins Rennen gehen zu wollen. Nach 18 Jahren in der Politik tritt er damit in die zweite Reihe zurück. Im Sommer hatte Berlusconi noch erwogen, erneut zu kandidieren, um seiner Mitte-Rechts-Partei aus einem massiven Umfragetief zu helfen.

"Ich bleibe aber an der Seite derer, die jünger sind, die spielen und Tore machen müssen", schrieb der 76-Jährige, der auch Besitzer des Fußballclubs AC Mailand ist. Nach Berlusconis Worten soll der Kandidat seiner Mitte-Rechts-Partei Mitte Dezember in Vorwahlen bestimmt werden. Als aussichtsreicher Bewerber gilt Parteichef Angelino Alfano. Allerdings haben auch mehrere andere PdL-Politiker bereits ihre Kandidatur angemeldet, darunter der frühere Minister Giancarlo Galan.

Die einst stärkste Partei war in den vergangenen Monaten, von internem Streit und Chaos erschüttert, in Umfragen auf den dritten Platz abgefallen. Sie liegt klar hinter der Mitte-Links-Partei PD (Partito Democratico) zurück und wurde auch von der populistischen Internet-Bewegung "Fünf Sterne" des Komikers Beppe Grillo überrundet.

Quelle: n-tv.de, ppo/dpa/rts