PuppenspielerS


Dollar

Britischer Verteidigungsminister tritt wegen Affäre zurück

Seit der schottische Konservative Liam Fox im Frühjahr 2010 britischer Verteidigungsminister wurde, waren seine unkonventionellen Umgangsformen ein offenes Geheimnis.

Der 50-Jährige zählte unter anderen Popstars zu seinem Freundeskreis. Er vertrat bisweilen erzkonservative Ansichten - und tanzte auf vielen Partys. Eine ganz besondere Beziehung unterhielt er zu seinem Trauzeugen, dem 34-jährigen Adam Werritty. Und darüber ist Fox nun gestolpert.

Im britischen Unterhaus sammelten die Parlamentarier Unterlagen, aus denen sich zusammenrechnen ließ, dass Fox mit Werritty seit seinem Amtsantritt im Mai 2010 insgesamt 18 Auslandsreisen unternahm. Zudem stattete ihm der gute Freund 22 private Besuche im Verteidigungsministerium in London ab. Darauf konnten sich die Abgeordneten keinen Reim machen - trotz wiederholter Versicherungen Fox', es sei alles mit rechten Dingen zugegangen, weder Werritty noch er selber hätten sich bereichert. Dann stellte sich aber zumindest die Frage, wer dem Trauzeugen die vielen Reisen bezahlte. Fox versicherte auch, Werritty habe zu keinem Zeitpunkt Zugang zu geheimen Informationen gehabt. Das wollte ihm aber schon keiner mehr glauben. Das traute Verhältnis ging sogar so weit, dass Werritty sich auf seiner Visitenkarte als "Berater" des Ministers ausgab. Eine Position, die er aber offiziell nie innehatte.

Attention

"Man kann Militärschläge der USA nicht ausschließen"

Der iranische Anschlagsplan setzt den US-Präsidenten unter Handlungsdruck, meint Politologe Herfried Münkler. Auch weil Obama als zögerlich und schwach gilt.
münkler
© PICTURE-ALLIANCE / ERWIN ELSNER/DPAHerfried Münkler ist Professor am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität Berlin. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die politische Theorie und Ideengeschichte. Münkler sitzt im Beirat der Bundesakademie für Sicherheitspolitik

Welt Online: Die USA beschuldigen die Iraner, einen Anschlagsplan gegen den saudi-arabischen Botschafter in Washington geplant zu haben und scheinen gerichtsfeste Beweise zu haben. Warum hätte der Iran solch einen Anschlag in Auftrag geben sollen?

Herfried Münkler: Das Problem ist natürlich, eine eindeutige Verbindung herzustellen zwischen denen, die das vermutlich in Washington durchführen sollten, und der politischen Führung des Iran. Das ist nicht immer leicht und häufig auch ein Akt der politischen Zuschreibung.

Bekanntlich werden solche Vorwürfe immer wieder auch zum Vorwand genommen, um militärische Maßnahmen gegen einen Akteur zu ergreifen und ihm eine „Lektion“ zu erteilen. Ich gehe davon aus, dass die lange Dauer zwischen der Aufdeckung dieser Anschlagspläne und ihrer Publikation auch etwas damit zu tun hat, dass die USA erst einmal vermeiden wollten, sich selbst unter einen öffentlichen Erwartungsdruck zu setzen.

Passport

Gefangenenaustausch: Das Ende eines Albtraums

Irgendwann im Laufe dieses langen Abends lächelt Aviva Schalit. Es ist ein vorsichtiges, ein zweifelndes Lächeln auf den Lippen einer Frau, die seit Langem keine wahre Freude mehr kennt. Denn seit mehr als fünf Jahren wartet Aviva Schalit auf die Rückkehr ihres Sohnes Gilad, der am 25. Juni 2006 während seines Militärdienstes von Hamas-Kämpfern in den Gazastreifen verschleppt wurde und seitdem dort gefangen gehalten wird.

Vor zwei Jahren gab es das letzte Lebenszeichen, ein Video, auf dem ein blasser, aber gesunder Gilad Schalit zu sehen ist.

Seit mehr als fünf Jahren kämpfen die Schalits für die Freilassung ihres Sohnes, erst still im Hintergrund und dann immer lauter. Sie sind in ein Protestzelt vor der Residenz des Ministerpräsidenten in Jerusalem gezogen, fast ununterbrochen stehen sie seitdem im Scheinwerferlicht der Medien. Und nun könnte es wirklich so weit sein: Ein Abkommen über einen Gefangenenaustausch zwischen Israel und der Hamas-Führung sei bereits unterschrieben, meldet der arabische Sender al-Arabija am Dienstagabend um kurz nach sieben. Ein Führer des militärischen Flügels der Hamas habe den Deal bestätigt. Das ist zunächst mal ein Gerücht, wie es in dieser Sache schon so viele gegeben hatte. Noam Schalit, der Vater des entführten Soldaten, sagt, man hoffe, dass es sich um eine ernsthafte Entwicklung handele. Das klingt noch sehr skeptisch. "Wir haben uns schon mal in diesem Film befunden", sagt der Vater. Immer wieder hatte es in den vergangenen Jahren Informationen über einen unmittelbar bevorstehenden Austausch gegeben. Immer wieder wurden die Hoffnungen der Familie geweckt und dann jäh enttäuscht. Was ihm Ministerpräsident Netanjahu bei einem Gespräch am Nachmittag mitgeteilt hat, möchte Noam Schalit nicht sagen.

Cult

Täuschen, Tricksen, Wegschließen - Medizinische Studien dienen häufig der Desinformation von Ärzten und Patienten

Welche Studien braucht der Mensch? So fragte kürzlich die BUKO-Pharma-Kampagne bei einer Veranstaltung in Bielefeld. Natürlich gute Studien, die sichere und vollständige Informationen zur Wirkung von Medikamenten liefern. Das ist leider nicht die Regel

Gerade bei Innovationen in der Medizinbranche wird nach Kräften getrickst. Überzeugt die Wirkung eines Medikamentes nicht oder sind die Nebenwirkungen verheerend, kommen diese Ergebnisse möglicherweise niemals an die Öffentlichkeit. Das ist möglich, weil es keine Pflicht zur allgemeinen Registrierung aller Studien gibt. Mit einer solchen Auflage würden auch abgebrochene Untersuchungen bekannt, möglicherweise Menschenleben geschützt und doppelte Arbeit wäre vermeidbar.

Einige Möglichkeiten, Studienergebnisse zu manipulieren, nennt Thomas Kaiser vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): »In der Auswertung und der Berichterstattung zu Studien finden sich plötzlich ganz andere Aussagen als in den Originalunterlagen. Bei den klinischen Endpunkten von Studien werden einfach die Schwellenwerte variiert, der Öffentlichkeit werden nur unvollständige Ausschnitte vermittelt.«

Arrow Down

Griechenland auf der Kippe

Ein Schuldenschnitt für Griechenland scheint unausweichlich. Welche Konsequenzen hätte das für Europa, den deutschen Steuerzahler und die Banken?
demonstrant, griechenland
© Angelos Tzortzinis/AFP/Getty Images Ein Demonstrant auf einer Kundgebung am vergangenen Mittwoch in Athen

Kaum jemand glaubt noch daran, dass Griechenland mit seinen immensen Schulden allein fertig wird, geschweige denn, sie je zurückzahlen kann. Und was vor Wochen noch als Tabu galt, wird immer wahrscheinlicher: ein Schuldenschnitt. Doch das ist ein kompliziertes, weitreichendes Szenario. Die Europäische Union hat vorsorglich schon mal ihren nächsten Gipfel um eine Woche nach hinten verschoben.

Was steckt hinter der Verschiebung des EU-Gipfels?

Als Angela Merkel und Nicolas Sarkozy am Sonntagabend vor die Presse traten und verkündeten, dass es nichts zu verkünden gebe als die gute Absicht, in einigen Wochen etwas zu verkünden - da beschrieb das die Situation ganz gut. Die Verschiebung des Europa-Gipfels hat den gleichen Grund: Europa ist sich alles andere als einig, wie im Falle eines Schuldenschnitts für die Griechen zu verfahren ist. Besonders Deutschland und Frankreich liegen über Kreuz.

Eye 1

Späh-Affäre: Zollbehörden setzten Trojaner ein

Auch der deutsche Zoll verwendete bei seinen Ermittlungen Spähprogramme. Allerdings soll es sich dabei nicht um den umstrittenen Fund des Chaos Computer Clubs, sondern um eigene Software-Entwicklungen handeln. Ihnen soll eine entscheidende Funktion des Bayern-Trojaners fehlen.
zollbeamter
© dapd

Die Bundesregierung hat den Einsatz von Spionagesoftware bei den Zollbehörden in 16 Fällen eingeräumt. Der Zoll habe dabei "in einem engen rechtlichen Rahmen und nur zur Überwachung von verschlüsselten Telefonaten einen Trojaner verwendet", sagte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Kotthaus, in Berlin.

In jedem der Fälle habe eine richterliche Anordnung vorgelegen, es sei dabei um die Verhinderung schwerer Straftaten gegangen. Jeder der Trojaner sei speziell für den jeweiligen Einzelfall entwickelt gewesen und habe allein zur Überwachung von Telefonaten über Computer wie etwa über den Anbieter Skype gedient.

Dollar

Schuldenkrise: Jetzt wagt Merkel den großen Wurf

Berlin und Paris werben für die Änderung des EU-Vertrags

Angestrebt ist eine "noch engere und verbindlichere Zusammenarbeit" bei der Finanz- und Wirtschaftspolitik

Im Bundestag spitzen die Abgeordneten die Ohren und mahnen die volle Beteiligung an den Vorschlägen an

Sieben Mal betonte Frankreichs Staatspräsident Nicholas Sarkozy am Sonntagabend im Bundeskanzleramt, mit Kanzlerin Angela Merkel "voll und ganz" einig zu sein. Die CDU-Vorsitzende selber war weniger auskunftswillig, betonte aber, Paris und Berlin seien "absolut entschlossen", die Arbeitsfähigkeit der europäischen Banken sicherzustellen. Zwecks dessen hatte das Treffen anscheinend einen anderen Charakter bekommen als ursprünglich geplant. Statt nur über Banken zu sprechen, die wegen ihrer Griechenland-Anleihen in die Bredouille geraten sind, kamen Merkel und Sarkozy überein, den großen Wurf zu wagen. Es wird Änderungen am EU-Vertragswerk geben, um das Problem einer gemeinsamen Währungs-, aber nationaler Wirtschafts- und Finanzpolitiken an der Wurzel zu packen.

Merkel sagte, Paris und Berlin suchten eine Lösung, die "eine noch engere und verbindlichere Zusammenarbeit in Fragen der Finanz- und Wirtschaftspolitik der Euro-Mitgliedsstaaten mit sich bringt. Dies wird auch Vertragsänderungen mit einschließen." Bislang hatte Merkel Änderungen unter Verweis auf die Komplikationen, die sie mit sich bringen können, als nicht aktuell bezeichnet. Sie hatte stattdessen auf Umwege wie die "EU plus" gesetzt - den Versuch, die EU-Mitglieder Beschlüsse fassen zu lassen, die keineswegs zufällig alle in die Richtung stärkerer Konvergenz bei der Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik weisen. Als Beispiel hatte Merkel Anfang Juli die Heraufsetzung des spanischen Rentenalters genannt. Nun aber drängt die Zeit. Obwohl Vertragsänderungen Plebiszite in Irland oder Frankreich notwendig machen könnten, haben Merkel und Sarkozy sie auf die Tagesordnung gesetzt. Merkel sagte, die Entscheidung für den Euro bedürfe "noch eines Fundaments, eines Unterbaus. Es hat sich in dieser Krise gezeigt, dass das noch nicht ausreichend geschehen ist." Folgerichtig findet der reguläre EU-Gipfel der 27 Mitgliedsstaaten nun zeitgleich mit dem Sondergipfel der 17 EU-Staaten statt, die den Euro eingeführt haben.

Handcuffs

Timoschenko-Urteil schockiert den Westen

Frühere Ministerpräsidentin muss sieben Jahre ins Gefängnis / EU erwägt, Beziehungen zur Ukraine einzufrieren

Kiew/Brüssel - Die EU hat das Urteil gegen die frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko scharf kritisiert und der Regierung in Kiew gedroht, die Zusammenarbeit einzuschränken. Der Prozess gegen Timoschenko entspreche 'in keiner Weise internationalen Standards', erklärte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am Dienstag in Brüssel. Ein Gericht in Kiew hatte Timoschenko wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt.

In Kiew werde die Justiz zur 'politisch motivierten Verfolgung der Anführer der Opposition und der Mitglieder der früheren Regierung' missbraucht, hieß es in Ashtons Erklärung, die sie im Namen aller 27 EU-Mitglieder abgab. Falls die Ukraine nicht zur Rechtsstaatlichkeit zurückkehre, riskiere sie 'tiefgreifende Konsequenzen für den Abschluss des Assoziierungsabkommens, aber auch für die Zusammenarbeit insgesamt'. Damit steht das Abkommen in Frage, das auf dem EU-Ukraine-Gipfel im Dezember unterzeichnet werden sollte.

Sherlock

Iran plante angeblich Attentat auf saudischen US-Botschafter

Die US-Regierung will einen vom Iran geplanten Mordanschlag auf den saudischen Botschafter in Washington vereitelt haben. Justizminister Eric Holder sprach am Dienstag „von Elementen der iranischen Regierung“.
holder
© dpaUS-Justizminister Holder hat dem Iran vorgeworfen, einen Mordanschlag auf den saudiarabischen Botschafter in den USA geplant zu haben. Foto: Horacio Villalbos

Dabei wollten die Täter laut den Ermittlern einen Sprengsatz zünden. Ein verdächtiger Iraner mit US-Pass sei festgenommen worden. Er sollte noch am Dienstag in New York vor Gericht erscheinen. Ein weiterer Iraner, der Mitglied der Al-Kuds-Einheit der Revolutionären Garde sei, sei noch auf freiem Fuß.

US-Präsident Barack Obama habe seit Juni von der Ermittlungen gewusst, teilte das Weiße Haus mit. Die Pläne seien von der Bundespolizei FBI und der Drogenfahndung DEA aufgedeckt worden.

Die iranische, regierungsnahe Nachrichtenagentur Mehr bezeichnete die Berichte über die Anschlagspläne als „lächerlich“. „Die USA haben einen neue Runde des psychologischen Krieges gegen den Iran gestartet“, schrieb die Agentur. Eine offizielle Reaktion aus Teheran gab es zunächst nicht.

Heart - Black

UN-Studie: Folter in afghanischen Gefängnissen

Kabul (dpa) - Nach der Befragung Hunderter Gefängnisinsassen in Afghanistan haben die Vereinten Nationen den Sicherheitsbehörden des Landes systematische Folter und Misshandlung vorgeworfen. In zahlreichen Gefängnissen des Geheimdienstes NDS und der Polizei würden Insassen mit Methoden verhört, die nach internationalem Recht als Folter gelten, heißt es in einem am Montag in Kabul vorgestellten Bericht der Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA). Dazu gehörten massive Drohungen, Schläge mit Gummischläuchen und Stromkabeln, Elektroschocks und das Herausreißen von Zehennägeln.

Bereits vor einem Monat hatte der britische Sender BBC die in dem UN-Bericht erhobenen Vorwürfe vorab öffentlich gemacht. Die Internationale Schutztruppe Isaf hatte daraufhin die Überstellung von Gefangenen an mehrere afghanische Haftanstalten bei auf weiteres gestoppt. Die afghanische Regierung wies die Anschuldigungen zurück.

Nach UN-Angaben wurden für die Studie 47 Gefängnisse in 22 der 34 afghanischen Provinzen inspiziert. Insgesamt seien 379 Häftlinge befragt worden. Etwa 40 Prozent davon wurden demnach vor allem im Laufe von Vernehmungen massiv misshandelt. In mindestens fünf Einrichtungen des NDS hätten Beamte die Gefangenen «systematisch gefoltert», um Informationen oder Geständnisse zu erpressen. Die Verantwortlichen seien bislang nicht zur Rechenschaft gezogen worden.