Das Kind der GesellschaftS


Heart - Black

Zwangsadoption in der DDR: "Wir sehen uns heute Abend wieder!"

Kinder als Staatseigentum: Katrin Behr ist vier, als die DDR-Behörden sie ihrer Mutter wegnehmen und in eine linientreue Familie stecken. Die Opfer solcher Zwangsadoptionen leiden bis heute. Die Geschichte eines Traumas.

Katrin Behr
© UnbekanntKatrin Behr leidet noch immer unter den traumatischen Erfahrungen ihrer Kindheit.
Vom Fenster ihres Büros in Berlin Lichtenberg blickt Katrin Behr auf eine Wand. Gelblich-grauer Waschbeton über zwölf Stockwerke, die an diesem Tag fast nahtlos in den schweren Himmel übergehen. Das ehemalige Gebäude des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR empfinden viele bis heute als bedrohlich, doch für Katrin Behr ist es die Zukunft. In einigen Monaten, wenn die Renovierung abgeschlossen ist, wird sie dort mit ihrer Beratungsstelle einziehen, wenige Meter von den Räumen entfernt, in denen einmal Erich Mielke residierte. Sie ist zuständig für Opfer von DDR-Zwangsadoptionen. Das Opfer im früheren Hauptquartier der Täter - lässt sich das so verkürzen? Behr sagt, dass sie darüber so noch gar nicht nachgedacht habe, "aber bei näherer Betrachtung ist es wohl ein ziemlicher Triumph."

Katrin Behr ist heute 44 Jahre alt, und wenn bei ihr von "Triumph" die Rede ist, dann hat das nicht diese Bedeutung von ultimativer Überlegenheit. Es geht eher um einen mühsam errungenen Etappensieg. Eine von vielen Reparaturen in einem Leben, das der untergegangene sozialistische Staat bereits in seiner Anlage kaputt gemacht hat. Weil dieser Staat versuchte, Behrs Leben planmäßig umzubauen, so wie man ein Haus umbaut, das einem nicht gefällt. Und gleich bei der ersten Baumaßnahme wurde, um im Bild zu bleiben, das Fundament herausgerissen.

Das geschah am frühen Morgen des 7. Februar 1972 in Gera, Thüringen: Ein Hämmern an der Tür reißt Katrin Behr, ihren Bruder und ihre Mutter aus dem Schlaf. Fünf Männer in dunklen Mänteln und eine Frau drängen in die Wohnung. Mitkommen! Sofort! Die Mutter hetzt die Kinder in ihre Hosen und Mäntel, zerrt sie an der Hand mit vor die Tür. Gedrängt von den Begleitern und unter den Augen von Passanten geht es weiter zum nahen Marktplatz, wo zwei Dienstwagen warten. Doch die Kinder dürfen gar nicht einsteigen. Das letzte, an das Katrin Behr sich erinnert, ist, wie sie weinend von ihrer Mutter getrennt und diese in Handschellen in ein Auto geschoben wird. Die Mutter ruft: "Wir sehen uns heute Abend wieder." Dann fährt das Auto los.

War Whore

Jemen: Hilfsorganisation warnt vor Hungerkatastrophe

Die Politik ist seit Monaten in der Krise, die Wirtschaft liegt am Boden: Ein Drittel der jemenitischen Bevölkerung leidet nach einem Bericht der Hilfsorganisation Oxfam schon jetzt unter der wirtschaftlichen Not. Wenn die internationale Hilfe nicht verstärkt werde, drohe dem Land eine Hungerkrise. Derweil geht die Gewalt gegen Demonstranten weiter.

muslim
© dpaKinder gehören zu den ersten Opfern der wirtschaftlichen Notlage im Jemen.
Die Hilfsorganisation Oxfam hat vor einer Hungerkatastrophe im Jemen gewarnt. Durch die politische Krise in dem Land sei die Wirtschaft gelähmt und die Lebenshaltungskosten seien rasant gestiegen, erklärte Oxfam in einem am Montag veröffentlichten Bericht. Immer mehr Menschen litten dadurch unter Hunger und Mangelernährung.

Ein Drittel der Bevölkerung ist der Organistation zufolge Opfer der wirtschaftlichen Not, unter ihnen besonders Frauen und Kinder. Bei der Hälfte der Kinder wirke sich der Nahrungsmittelmangel bereits auf das Wachstum aus; und ein Viertel der Frauen zwischen 15 und 49 Jahren leide unter schwerer Unterernährung.

Die Notlage hat der Organisation zufolge auch zu einem Wiederanstieg der Heiraten sehr junger Mädchen geführt, weil ihre Familien sie nicht mehr versorgen könnten, erklärte Oxfam weiter. Viele Kinder würden aus der Schule genommen, damit sie sich eine Arbeit suchten, um die Familien zu unterstützen. Oxfam forderte dringend eine stärkere internationale Hilfe für das ärmste arabische Land.

People

Heimkinder: Uni erforscht Leid

Kassel. Psychische und physische Demütigungen, Lieblosigkeit bis hin zu sexuellem Missbrauch - viele Kinder und Jugendliche, die in den 1950er- bis 1970er-Jahren in Heimen aufwuchsen, leiden noch heute unter den Folgen. 14 000 Akten in einer Länge von 1,4 Kilometern lagern im Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (LWV) in Kassel, die von diesen Schicksalen erzählen.

Archive
© KochAktenberge: Im LWV-Archiv am Ständeplatz in Kassel lagern 14 000 Akten, in denen die Schicksale von Heimkindern deutlich werden. Unser Foto zeigt Archivleiterin Prof. Dr. Christina Vanja.
Vor diesem Hintergrund ist dem LWV an einer wissenschaftlichen Aufarbeitung gelegen. Hierfür wurden zwei Professorinnen von der Uni Kassel gewonnen: Die Juristin Dr. Theresia Höynck und die Soziologin Dr. Mechthild Bereswill. Sie sollen zusammen mit vier wissenschaftlichen Mitarbeitern die Situation in den Kinder- und Jugendheimen des LWV von 1949 bis 1973 erforschen. „Damit erkennen wir das Leid der Heimkinder noch einmal öffentlich an“, sagte LWV-Direktor Uwe Brückmann gestern bei einer Pressekonferenz.

Der LWV übernahm zu jener Zeit neun Kinder- und Jugendheime in Hessen. Davon befinden sich drei in Nordhessen: die Jugendheime Homberg und Wabern sowie das Mädchenheim Fuldatal in Guxhagen. Inzwischen hat der LWV die Trägerschaft für jene Jugendhilfeeinrichtungen, die nicht geschlossen wurden, abgegeben.

Ziel der Wissenschaftler ist das Erkennen von Strukturen und Mechanismen, die zu den Missständen und Menschenrechtsverletzungen in der hessischen Heimerziehung geführt haben.

Radar

Flugzeugabstürze in Russland: Alkohol und angezogene Handbremse?

Präsident Medwedjew schimpfte auf die Technik, als innerhalb weniger Monate zwei Flugzeuge in Russland abstürzten. Über die Piloten sprach er nicht. Jetzt stellt sich heraus, dass menschliches Versagen schuld am Tod von fast 100 Menschen ist. Auch Alkohol soll im Spiel gewesen sein.

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© dpaDie Trümmer der Jak-42 ragen an der Absturzstelle aus dem Wasser. Mehr als 40 Menschen, darunter die Eishockey-Mannschaft Lokomotive Jaroslawl, kamen bei dem Unglück ums Leben
Sie sind alt, und Präsident Dmitrij Medwedjew will sie nicht mehr sehen. Als im Juni bei Petrosawodsk eine Tupoljew-134 abstürzte und 47 Menschen starben, sagte der Kremlchef, diese Maschinen müssten aus dem Verkehr gezogen werden. Als vor zwei Wochen in Jaroslawl eine Jak-42 nach dem Start auseinanderbrach und eine Eishockey-Mannschaft getötet wurde, schimpfte Medwedjew wieder. "Falls russische Firmen keine sicheren Flugzeuge bauen können, müssen sie diese eben im Ausland kaufen", sagte er. Über die Piloten sprach er nicht.

Ein russisches Luftfahrtkomitee gab am Montag im Fall der verunglückten Tupoljew bekannt, dass im Blut des Navigationsoffiziers Alkohol gefunden worden sei. Er habe den Flug "im Zustand einer leichten Stufe von Trunkenheit absolviert". Dies sei zwar nicht der alleinige, aber doch "einer der Faktoren gewesen, die zur Katastrophe geführt haben". Russische Medien berichteten von 0,8 bis 1,0 Promille.

In älteren russischen Flugzeugen ist der Navigator bei Starts und Landungen für die Flugkorridore zuständig und dem Piloten weisungsbefugt. Beim Landeanflug auf den Flughafen von Petrosawodsk in Karelien war es so neblig gewesen, dass die Besatzung angewiesen wurde, erst noch einmal eine Schleife zu fliegen. Dies aber lehnte die Crew ab. Der Navigationsoffizier wird in dem Untersuchungsbericht als "überaktiv" beschrieben, während der zweite Pilot als "faktisch nicht anwesend" galt.

Ambulance

Bahnunglück in Sachsen: Zug rammt Auto - etwa 50 Verletzte

Schwerer Unfall an einem Bahnübergang in Sachsen: Ein Zug fährt in ein Auto und entgleist. Rund 50 Menschen werden verletzt, viele davon schwer. Der Fahrer des Pkw hatte unglaubliches Glück.
zugunglück,wagon
© Peter Endig/DPADer vordere der vier Waggons entgleiste und kippte auf ein Feld

Bei einem Zugunglück bei Bad Lausick in Sachsen sind am Dienstag etwa 50 Menschen verletzt worden. Wie ein Sprecher der Bundespolizei sagte, wurden neun Schwerverletzte mit Hubschraubern und Rettungswagen in Krankenhäuser gebracht. Rund 40 Menschen wurden leicht verletzt.

Der Regionalexpress 3736 hatte kurz nach 13 Uhr an dem Bahnübergang in Lauterbach ein Auto gerammt. Der vordere der vier Waggons entgleiste und kippte auf ein Feld. Zwei weitere Waggons sprangen aus den Schienen, blieben aber in Schräglage stehen. Der Zug war auf der eingleisigen Strecke von Chemnitz nach Leipzig unterwegs. Wie viele Passagiere an Bord waren, steht noch nicht fest. Der Bahnübergang war nach Angaben der Deutschen Bahn mit einer Halbschranke gesichert.

Family

Statistik: Lebenserwartung der Deutschen steigt weiter

Die Deutschen dürfen weiter auf ein langes Leben hoffen. Nach der neuesten Sterbetafel des Statistischen Bundesamts stieg die Lebenserwartung neugeborener Jungen auf 77 Jahre und sechs Monate, die der Mädchen gar auf 82 Jahre und sieben Monate.
babys,kinder
© picture alliance / Frank May/picture allianceDie Lebenserwartung in Deutschland steigt weiter

Die Menschen in Deutschland werden immer älter. Nach der neuesten Sterbetafel des Statistischen Bundesamts stieg die Lebenserwartung neugeborener Jungen auf 77 Jahre und sechs Monate, die der Mädchen gar auf 82 Jahre und sieben Monate. Im Vergleich zur vorigen Sterbetafel erhöhte sich nach Angaben der Behörde vom Dienstag damit die Lebenserwartung von Mädchen um zwei, die von Jungen um einen Monat.

Auch für ältere Menschen nahm die Lebenserwartung weiter zu. So können 65-jährige Männer statistisch gesehen noch weitere 17 Jahre und vier Monate den Lebensabend genießen, 65-jährige Frauen noch 20 Jahre und vier Monate. Knapp 90 Prozent der Männer und 94 Prozent der Frauen erreichen statistisch gesehen mindestens das 60. Lebensjahr.

Hourglass

Deutsche Bahn: Jeder fünfte Fernzug hat Verspätung und dafür erhöhen wir die Preise

Mäßige Noten für IC und ICE: Laut einer erstmals vorgestellten Statistik kommt im Jahr 2011 jeder fünfte Fernzug der Deutschen Bahn verspätet ans Ziel. Im Regionalverkehr dagegen sieht die von dem Unternehmen errechnete Quote erheblich besser aus.
deutsche bahn
© dpaVerspätungen im Winter: Nur 80 Prozentder Fernzüge kommt pünktlich ans Ziel

Berlin - Die Deutsche Bahn will über Verspätungen ihrer Züge künftig besser informieren. Künftig wird sie statt einer jährlichen eine monatliche Pünktlichkeitsstatistik im Internet veröffentlichen.

Nach den ersten Daten, die das Unternehmen seit Dienstag im Internet zugänglich macht, wurden erstmals Nah- und Fernverkehr getrennt voneinander betrachtet. Danach war zwischen Januar und August jeder fünfte Fernzug der Deutschen Bahn AG verspätet, die Quote pünktlicher Fernzüge lag bei 80,4 Prozent. Im Regionalverkehr, der den Löwenanteil des Bahnbetriebs ausmacht, betrug die Pünktlichkeit 93,5 Prozent, was die Gesamtquote pünktlicher Personenzüge auf 93,2 Prozent erhöht.

Als pünktlich gilt ein Zug für die Deutsche Bahn, wenn er weniger als sechs Minuten Verspätung hat. Legt man die Maßstäbe des Flugverkehrs an, wo die Grenze bei 16 Minuten liegt, ergibt sich für den Zugverkehr eine Quote von 98,6 Prozent.

Sherlock

Bombendrohung in Hamburg - Noch keine Hinweise

Hamburg - Einen Tag nach der anonymen Bombendrohung gegen ein Einkaufszentrum in der Hamburger Innenstadt hat die Polizei noch keine Hinweise auf den Anrufer. «Wir sind noch nicht weiter», sagte ein Sprecher am Dienstag. Ein Unbekannter hatte am Montagmittag beim Management der «Europapassage» angerufen und gedroht, dort eine Bombe zu zünden. Die Einkaufspassage wurde geräumt und rund vier Stunden lang gesperrt. Etwa 800 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Der Polizeieinsatz habe Kosten in Höhe von rund 30 000 Euro verursacht, hieß es. Eine anonyme Bombendrohung könne mit bis zu drei Jahren Haft oder einer Geldstrafe geahndet werden, erklärte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers.

Bomb

Türkei - Schwere Explosion erschüttert Ankara

Im Zentrum Ankaras hat sich eine schwere Explosion ereignet. Medienberichten zufolge sollen dabei mindestens zwei Menschen getötet worden sein. Die türkische Regierung geht inzwischen von einem Anschlag aus. Eine verdächtige Frau wurde festgenommen. Nach Angaben der Behörden war der Sprengsatz in einem Auto versteckt.
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Im Zentrum Ankaras hat sich eine schwere Detonation ereignet. Medienberichten zufolge sind dabei mindestens zwei Menschen getötet worden, zehn weitere wurden verletzt. Nach Angaben des Bürgermeisters des Bezirks Cankaya, Bülent Tanik, habe es hingegen keine Toten gegeben. Drei Menschen seien schwer verletzt worden. Türkische Medien berichteten, die Detonation habe sich in einem Kleinbus im Innenstadtbezirk Kizilay ereignet.

Die Explosion soll sich gegen elf Uhr Ortszeit in der Nähe des türkischen Ministerpräsidentenamtes ereignet haben und im ganzen Stadtgebiet zu hören gewesen sein. Die Verletzten wurden in umliegende Krankenhäuser gebracht.

Ambulance

Fast jeder fünfte Deutsche hat chronische Schmerzen

Rund 17 Prozent der Deutschen leiden an chronischen Schmerzen. Davon gehen Experten aus.
Schmerzen
© dpaSchmerzen.

Schmerzen werden allerdings von Ärzten oft unterschätzt. Nach Operationen etwa würden Patienten zu selten danach befragt und würden sich oftmals auch selbst erst bei sehr starken Schmerzen melden, sagte Rolf-Detlef Treede in Mannheim bei einem Gespräch vor dem Deutschen Schmerzkongress in der Stadt vom 5. bis 8. Oktober. Treede ist Neurophysiologe an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg.

Es werde nicht auf allen Stationen konsequent nachgefragt, zitierte er aus einer Umfrage, dabei hätten vor allem internistische Abteilungen weniger gut abgeschnitten. Mit einer Schmerztherapie verlaufe die Heilung aber erfolgreicher.