Das Kind der GesellschaftS


Che Guevara

Breslau: Massenproteste gegen EU-Sparpolitik

Am Rande eines Treffens der EU-Finanzminister im polnischen Breslau haben Tausende Menschen gegen die Sparpolitik in Europa demonstriert. Finanzminister Schäuble zeigte sich beim Thema Griechenland-Rettung zuversichtlich. EZB-Präsident Trichet sprach von einer ermutigenden Lage.
Protest,breslau
© AFPProteste in Breslau: Gegen Sozialabbau und Arbeitslosigkeit in Europa

Breslau - Tausende Gewerkschafter aus EU-Ländern sind am Samstag in Breslau gegen Sozialabbau und Arbeitslosigkeit in Europa auf die Straße gegangen. Sie zogen am Mittag vom Stadion zur Jahrhunderthalle, dem Tagungsort der EU-Finanzminister in der niederschlesischen Metropole. "Ja zur europäischen Solidarität, zur Arbeit und zu Arbeitnehmerrechten" und "Wir fordern das Recht auf würdevolle Arbeit", hieß es auf den Transparenten. Die Organisatoren sprachen von 40.000 Teilnehmern, die Polizei schätzte die Zahl der Demonstranten auf 10.000.

Die Konferenz der EU-Finanzminister war noch vor dem Eintreffen der Demonstranten zu Ende gegangen. "Was für Politiker sind das, die Angst vor Menschen haben", sagte der Chef der polnischen Gewerkschaft Solidarnosc, Piotr Duda. Er sei enttäuscht, dass sich kein Finanzminister mit den Protestteilnehmern getroffen habe. Die EU-Finanzminister hatten seit Freitag über die Stabilität des europäischen Bankensystems diskutiert.

Evil Rays

Weltweit starker Anstieg der Brustkrebserkrankungen

Wie zwei US-Forscher herausfanden, hat sich die Zahl der Brustkrebs-Ersterkrankungen in den letzten 30 Jahren mehr als verdoppelt. Der stärkste Anstieg ist in den Entwicklungsländern zu verzeichnen.

Die Zahl neuer Brustkrebs-Fälle ist in den vergangenen 30 Jahren weltweit stark gestiegen. Das berichten US-Forscher in der britische Fachzeitschrift The Lancet (Online-Ausgabe). In den Industrieländern alleine gesehen nahm die Sterberate durch Brustkrebs jedoch ab. Ebenso sank weltweit gesehen die Erkrankungs- und die Sterberate durch Gebärmutterhalskrebs. Diese Krankheit habe 2010 dennoch zum Tod von 200.000 Frauen geführt.

Demnach gab es 1980 weltweit etwa 640.000 Brustkrebs-Neuerkrankungen, drei Jahrzehnte später waren es schon 1,6 Millionen. Zugleich nahmen - in einem langsameren Tempo - weltweit gesehen auch die Todesfälle durch Brustkrebs zu, von etwa 250.000 (1980) auf 425.000 (2010). Beide Zahlen stiegen schneller als die Weltbevölkerung.

Crusader

Papst soll auch im Bundestag boykottiert werden

Rund 10.000 Teilnehmer werden zum Protestzug gegen den Papst-Besuch in Berlin erwartet. Höchste Sicherheitsstufe treibt manche Blüte.
papst benedikt
© dpa/DPADer Papst-Besuch wirft seine Schatten voraus: Souvenirhändler bieten am Donnerstag vor dem Brandenburger Tor in Berlin Postkarten mit dem Foto von Benedikt XVI. zum Verkauf an

Berlin. Das Motto der Anti-Papst-Demonstration am 22. September in Berlin lautet "Keine Macht den Dogmen“. Das beschloss das Netzwerk "Der Papst kommt“ am Donnerstagabend bezugnehmend auf eine Internetabstimmung. Der bunte Zug soll am Potsdamer Platz beginnen und über die Ebertstraße sowie über den Boulevard Unter den Linden zum Bebelplatz führen. Ein Start am Brandenburger Tor war den Veranstaltern von der Polizei untersagt worden. Beschwerden dagegen hatte das Verwaltungsgericht Berlin abgewiesen.

"Wir rechnen mit mindestens 10.000 Teilnehmern“, sagte Jörg Steinert vom Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg. "Es werden zehn Wagen unterwegs sein, darunter ein sogenanntes Papa-Mobil mit zwei Päpsten, einer Päpstin und einem transidenten Papst.“ Papst Benedikt XVI. beginnt seine Deutschlandreise am 22. September in Berlin. Anschließend besucht er bis zum 25. September Stationen in Thüringen und Freiburg.

Cult

Missbrauchsopfer klagen gegen Papst Benedikt

Dem Vatikan werden in einem mehr als 20.000-seitigen Dossier "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vorgeworfen
The Pope AP
© AP / Olivier Laban-Mattei

Wien - Aktivisten des US-amerikanischen Missbrauchsopferverbandes "Survivors Network of those Abused by Priests" (SNAP) und der Menschenrechtsorganisation "Center for Constitutional Rights" (CCR) haben am Freitag in Wien bestätigt, Klage gegen den Vatikan und namentlich gegen Papst Benedikt XVI. bei dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag eingereicht zu haben.

Dem Vatikan werden in dem über 20.000-seitigen Dossier u.a. "Verbrechen gegen die Menschlichkeit", sowie die systematische Verheimlichung und Vertuschung von Missbrauchsfällen vorgeworfen. "Wir Opfer haben alles versucht, um die Zuständigen des Vatikan dazu zu bringen, die Struktur, die die Vergewaltigung und den Missbrauch durch Bischöfe und Nonnen in der römisch-katholischen Kirche von über zehntausend Kindern zulässt, zu ändern", so die SNAP-Präsidentin Barbara Blaine. Bisher habe die Kirche keine Schritte in diese Richtung unternommen, außer wenn sie durch äußere Umstände - z. B. Untersuchungen von Journalisten oder durch Betroffene, die an die Öffentlichkeit gingen - dazu gezwungen worden sei.

Question

Internationale Suche nach Identität des "Waldjungen"

Mysteriöser Fall für die Berliner Polizei: Wer ist der Jugendliche, der angibt, jahrelang im Wald gelebt und dort seinen Vater verscharrt zu haben? Besondere Kennzeichen: Er spricht fast nur Englisch und kennt seinen Vornamen und sein Alter nur ungefähr.
wald,herbstblätter
© Patrick Pleul/ DPA

Das Auftauchen eines Jugendlichen in einer Berliner Polizeiwache gibt den Berliner Behörden Rätsel auf: In gutem körperlichen Zustand war der etwa 17 Jahre alte Junge am 5. September bei der Polizei erschienen und gab dort an, jahrelang mit seinem Vater im Wald gelebt zu haben, wie ein Behördensprecher am Freitag sagte.

Die Bild-Zeitung berichtet, dass er Zelt, Schlaf- und Rucksack bei sich hatte. Er behauptet, dass sein Vater vor einiger Zeit tödlich verunglückt sei und er ihn im Wald verscharrt habe, bestätigte ein Polizeisprecher auf Nachfrage von stern.de. Beide wären in den Jahren zuvor auf Wanderschaft gewesen, hätten in Zelten und Erdhütten geschlafen. Wo er seinen Vater begraben habe, wisse der Junge allerdings nicht. Er könne keinerlei geografische Angaben machen. Deshalb sei eine Suche nach der Leiche des Vaters derzeit sinnlos.

Newspaper

Türkischer Präsident attackiert Israels Führung

Die Beziehungen sind so schlecht wie lange nicht. "Ich habe kein Vertrauen in Israels Regierung", sagt der türkische Präsident Abdullah Gül im Gespräch mit der SZ. Zu oft habe ihn die Gegenseite in Geheimgesprächen enttäuscht. Vor seinem Deutschland-Besuch kritisiert er auch die Bundesregierung.

Abdullah Gül
© AFPDer türkische Staatspräsident Abdullah Gül kritisiert im SZ-Interview die deutsche Visapolitik: "Das passt nicht mehr zu unseren engen Beziehungen."
Die Türkei hat nach den Worten ihres Staatspräsidenten Abdullah Gül "kein Vertrauen" mehr in die israelische Regierung von Benjamin Netanjahu. Die Beziehungen zwischen Ankara und Jerusalem haben sich zuletzt extrem verschlechtert. Die Türkei hat den Botschafter Israels ausgewiesen, weil die Regierung in Jerusalem eine Entschuldigung für die Tötung von neun türkischen Aktivisten auf dem Gaza-Hilfsschiff Mavi Marmara im Mai 2010 verweigert.

Gül bestätigte in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung, dass es mehrere Runden von Geheimgesprächen zwischen Ankara und Jerusalem gab, um den Konflikt auszuräumen. Aber jedes Mal habe die israelische Seite kurz vor einer Einigung ihre Meinung wieder geändert. Gül betonte, die Türkei habe keine Probleme "mit dem israelischen Volk", sondern nur mit der Regierung.

Zu der Gewalt in Syrien sagte Gül, die Türkei habe die Hoffnung aufgegeben, dass Präsident Baschar al-Assad Reformen anpacken werde. Die Zeit der autoritären Regime in der Region gehe aber zu Ende. Ihn schmerze es, dass in Syrien so viele Menschen zu Tode kämen. Zu den bereits erfolgreichen Umstürzen in der arabischen Welt und in Nordafrika sagte Gül: "Wir unterstützen diese Umwälzungen mit großer Begeisterung." Mit ihren demokratischen Standards könne die Türkei auch Inspirationsquelle für die Staaten im Wandel sein.

"Europa wieder auf Vordermann bringen"

Gül versicherte, dass die Türkei trotz ihres Engagements in den Umbruchstaaten des Nahen Ostens nach wie vor in die EU strebe. Er hoffe, dass nun immer mehr Menschen in Europa sehen würden, "dass die Türkei keine Last darstellen würde für die Gemeinschaft". Im Gegenteil könne die Türkei mit ihrer starken Wirtschaft auch dabei helfen, "Europa wieder auf Vordermann zu bringen". Gül betonte: "Wir könnten einen positiven Beitrag leisten."

Beunruhigt zeigte sich Gül über die schwere Krise bei den griechischen Nachbarn. Die Türkei helfe Griechenland schon mit ihren Touristen und sei bereit, noch mehr zu tun, meinte Abdullah Gül.

Bei seinem am Sonntag beginnenden Staatsbesuch in Deutschland will Gül nicht nur Berlin besuchen. Auf dem Programm stehen auch Hightech-Firmen in Baden-Württemberg. "Wenn wir uns Europa heute anschauen", sagte Gül, "sehen wir, dass es eigentlich nur zwei aufstrebende Länder gibt: Deutschland und die Türkei." Diese beiden Länder sollten deshalb auch für die Zukunft im Bereich von Forschung, Technologie und Wirtschaft zusammenarbeiten.

Card - VISA

UBS-Händler verzockt Milliarden

Was wollten die Banken nicht alles ändern: sicherer werden, verlässlicher arbeiten und den blinden Investments abschwören. Doch der neue Milliarden-Skandal bei der Schweizer UBS beweist, dass den Ankündigungen der Geldhäuser nicht zu trauen ist.

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Vor gut drei Jahren flog auf, dass ein Händler einer französischen Großbank fünf Milliarden Euro verspekuliert hatte. Wahnsinn, dachten Menschen in aller Welt, was für eine Summe. Banken in aller Welt beeilten sich zu betonen, dass der Fall des Händlers Jerôme Kerviel bei ihnen nicht vorkommen könne - oder sie jedenfalls die Kontrollmechanismen so ändern würden, dass er nicht mehr vorkommen kann. Und jetzt? Meldet die Schweizer Großbank, dass ein Händler etwa 1,5 Milliarden Euro verzockt hat. Angeblich an allen Kontrollen vorbei.

Es lohnt sich, einen Moment innezuhalten und die Summe mit neun Nullen zu betrachten, um die es hier geht. Der Verlust wird nicht nur einen guten Teil des UBS-Jahresgewinns aufzehren. Wenn der deutsche Staat diesen Betrag zur Verfügung hätte, könnte er damit 28 000 neue Lehrer finanzieren - oder jeden dritten Lehrer in Bayern. Das zeigt: Geldhäuser auf dem ganzen Globus jonglieren inzwischen mit apokalyptischen Summen, die der Lebenswelt der meisten Menschen völlig enteilt sind. Die Menschen fühlen sich Finanzmärkten ausgeliefert, deren Mechanismen sie nicht verstehen - und kaum verstehen können. Das gilt nicht nur für normale Bürger. Im Prozess gegen Jerôme Kerviel benötigte das Gericht eine geschlagene Woche alleine dafür, die Grundbegriffe der Aktienhandeleien des Angeklagten ansatzweise zu durchdringen.

Der neue Fall UBS beweist, dass den Ankündigungen der Banken nicht zu trauen ist. Offenbar ist das Risikomanagement zumindest dieses Geldhauses trotz Handelsskandalen und Finanzkrise schlecht geblieben. Dabei ist die Schweizer Großbank keine dubiose Klitsche, sondern galt einst als Symbol der Solidität. Bis sie in der Finanzkrise fast pleite ging und vom Steuerzahler gerettet wurde. Man könnte denken, dass eine Bank nach einer solchen Grenzerfahrung für ausreichende Kontrollen sorgen würde. Hat sie aber nicht. Dass der Milliardenverlust ausgerechnet im Investmentbanking auftaucht, auf das die Bank traditionell setzt, spricht für sich.

Family

Straßburger Urteil - Gericht stärkt Rechte der Väter

Hat ein Mann einen Anspruch auf Klärung seiner Vaterschaft - auch wenn die Mutter genau dies verhindern will? Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sagt: ja, wenn es zum Wohle des Kindes sein könnte.
Vater und Kind
© dpaLeibliche Väter haben künftig in Deutschland mehr Rechte.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stärkt die Rechte mutmaßlicher leiblicher Väter: Die Familiengerichte müssten anhand eines jeden Einzelfalls genau prüfen, ob regelmäßiger Kontakt zwischen dem mutmaßlichen biologischen Vater und seinem Kind im Interesse des Nachwuchses liege oder nicht, urteilten die Straßburger Richter.

Weil dies nicht geschehen war, gaben sie einem 53-Jährigen aus Fulda recht, der Umgang mit seinem heute siebenjährigen mutmaßlichen Sohn haben will. Die Straßburger Richter sprachen dem Mann 15.000 Euro und Schmerzensgeld zu.

Der Kläger hatte eine längere Beziehung zu einer verheirateten Frau, sie während ihrer Schwangerschaft zum Arzt begleitet und die Vaterschaft anerkannt. Vor der Geburt kehrte die Frau jedoch zu ihrem Ehemann zurück. Der Kläger hatte vergeblich Klarheit darüber gesucht, ob er der leibliche Vater des Kindes ist. Rechtlicher Vater des Kindes ist der Ehemann der Mutter.

Life Preserver

Norwegen: Kampf gegen Kentern der Nordlys

Oslo - Nach dem Feuer auf einem norwegischen Passagierschiff haben Spezialisten in einem Wettlauf mit der Zeit gegen das Kentern der Nordlys gekämpft. Bei dem gefährlichen Einsatz schafften sie es am Freitag, das Schiff im Hafen von Ålesund zu stabilisieren.
nordlys,schiff
© Haakon Mosvold Larsen/DPANordlys

Wie der Sender NRK berichtete, installierten vier niederländische Techniker bei starker Schlagseite vier Pumpen im Schiffsrumpf. So konnte Wasser abgepumpt werden. Das Schiff drohte vollzulaufen, zu kippen und zu sinken.

Der Chef der Hurtigruten-Reederei, Olav Fjell, sagte: «Es läuft immer noch Wasser ein. Aber wir pumpen größeren Mengen heraus. Die Entwicklung heute ist ausgesprochen positiv gewesen.» Nach Angaben des Einsatzleiters der Polizei, Jon Steven Hasseldahl, ging die Schlagseite der Nordlys am Nachmittag auf 16 Grad zurück. Die Gefahr eines Kenterns sei aber noch nicht endgültig gebannt.

Che Guevara

Wut in Italien

Abgeordnetenkammer billigt Berlusconis Sparpaket. Gewerkschaften kündigen neue Proteste an. Rücktritt des Premiers gefordert

Begleitet von Protesten in und außerhalb des Parlaments hat die italienische Regierung ihr milliardenschweres Sparpaket zum Abbau der Staatsschulden über die Bühne gebracht. Am Mittwoch Abend stimmte auch die Abgeordnetenkammer mit einer Mehrheit von 314 zu 300 Stimmen für Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen im Volumen von 54 Milliarden Euro. Premier Silvio Berlusconi mußte sich dort zudem einer Vertrauensabstimmung unterziehen. Der Senat hatte das Paket bereits in der vergangenen Woche abgesegnet.

Vor der Abgeordnetenkammer lieferten sich zur selben Zeit Hunderte Demonstranten Scharmützel mit der Polizei. Mitglieder der Basisgewerkschaft Cobas zündeten Feuerwerkskörper, kippten Müllkästen um und bewarfen die Beamten mit Gegenständen. Die Polizei ging mit Knüppeln gegen die Aktivisten vor. Danach protestierten Hunderte Menschen vor dem Kolosseum. »Hände weg von unserer Zukunft!« lautete der Slogan der Demonstranten.