Aktuelle Untersuchungen deuten darauf hin, dass zwei sich nähernde Sterne in ferner Zukunft einen Kometenhagel auslösen könnten. Dass irgendwann ein größerer Asteroid oder Komet die Erde treffen wird, steht außer Diskussion. Nur wann, darauf weiß derzeit niemand eine Antwort. Wenn auch ganz andere Gefahren unsere heutige Welt bedrohen, bleiben kosmische Kollisionen ein ernst zu nehmender Faktor.
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Kosmische Kollisionen treten in regelmäßigen Abständen auf
Zum Glück sind sie extrem selten, die gewaltigen Bombardements aus dem All. Wenn große Himmelskörper unseren Planeten treffen, was über den Lauf der Erdgeschichte hinweg natürlich schon häufig geschah, kann das allerdings weltweit katastrophale Folgen haben.


Seit Wissenschaftler die ausgedehnten Krater auf Erde und Mond vorrangig als »Einschlagwunden« erkennen und die Folgen mächtiger Kollisionen auch besser nachvollziehen können, verstärken sie auch ihre Bemühungen, die noch im Sonnensystem herumschwirrenden bedrohlichen Brocken weitestgehend zu registrieren, um künftig eventuell drohende Zusammenstöße rechtzeitig voraussagen zu können.

Nur die großen Trümmer dürften sich dabei einigermaßen vollständig erfassen lassen, die kleineren, ebenfalls noch gefährlichen Asteroiden von einigen zig oder hundert Meter Durchmesser sind einfach zu schlecht auffindbar und viel zu zahlreich, um auch nur annähernd komplett verzeichnet zu werden. Gerade die Objekte im Bereich von einigen Kilometern Durchmesser könnten eine globale Apokalypse heraufbeschwören. Schon länger diskutieren manche Forscher, ob sich die Einschlaghäufigkeit solcher Objekte über lange Zeiträume hinweg ändert oder aber konstant ist. Könnte es kosmische Mechanismen geben, die zeitweilig für einen intensiveren Strom von Kometen ins innere Sonnensystem sorgen? Dann allerdings wäre auch die Erde zu bestimmten Zeiten stärker bedroht.

Der am Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie tätige Wissenschaftler Dr. Coryn A. L. Bailer-Jones geht, wenn überhaupt, nur von einer leichten Zunahme der Kollisionswahrscheinlichkeit in den letzten 250 Millionen Jahren aus. Trotzdem vermutet er auf Grundlage aktueller Berechnungen, dass in nur wenigen hunderttausend oder Millionen Jahren wieder mehr Kometen ins innere Sonnensystem gelangen könnten.


Kommentar: Dies ist nichts anderes als Wunschdenken. Lesen hier mehr dazu.


Bei einer Überprüfung von rund 50 000 Sternen findet Bailer-Jones 42 Sterne, die sich unserer Sonne dann auf unter zwei Parsec nähern sollen - ein Parsec (pc) entspricht dabei rund 3,26 Lichtjahren Distanz und ergibt sich als genau diejenige Entfernung, in der die mittlere Erdentfernung zur Sonne unter dem Winkel von einer Bogensekunde erscheint. 14 Sterne werden sich auf weniger als ein pc nähern, vier sogar auf unter ein halbes Parsec.

Ein im Hipparcos-Katalog als Hip 85605 verzeichneter Stern dürfte uns am nächsten kommen: Mit einer 90-prozentigen Wahrscheinlichkeit wird er in 240 000 bis 470 000 Jahren zwischen 0,04 und 0,20 pc an uns heranrücken. Ein weiterer Stern mit der Bezeichnung Hip 89825 (Gliese 710) dürfte sich in 1,3 Millionen Jahren auf 0,10 bis 0,44 pc nähern. Zu einem ähnlichen Ergebnis waren Astronomen um Joan García-Sánchez bereits im Jahr 1999 gelangt.

Aufgrund der heute vorliegenden Informationen glaubt Bailer-Jones seinerseits an eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Eintreten dieser Situation, dennoch schränkt er ein, die gegenwärtigen Daten könnten nicht zuverlässig genug sein. Und entsprechende Prognosen sind nur so gut oder schlecht wie die Ausgangswerte. Schon kleine Fehler können sich hier später extrem auswirken, überhaupt mag es in der Rechnung noch Unbekannte geben, die das Ergebnis entscheidend beeinflussen.

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Oortsche Wolke
Beide Sterne werden sich aber wohl ausreichend nähern, um gravitative Störungen in der Oortschen Wolke zu bewirken, einem offenbar in interstellarer Entfernung bestehenden, gigantischen Kometenreservoir. Vadim V. Bobylev veröffentlichte im März 2010 eine Arbeit, in der er von einer immerhin 86-prozentigen Wahrscheinlichkeit spricht, dass Gliese 710 die Oortsche Wolke durchdringt. Diese Wolke wurde nie direkt nachgewiesen, doch gibt es mittlerweile genügend Indizien, sodass ihre Existenz kaum mehr angezweifelt wird.

Die Zahl ihrer Kometen könnte sogar den stellaren Fundus unserer Galaxis übertreffen, wobei sich das sphärische Gebilde vermutlich bis in eine Entfernung von etwa 1,5 Lichtjahren erstreckt. Nahe vorbeiziehende Sterne üben genügend Schwerkraftwirkung aus, um Bahnänderungen bei Kometen zu bewirken und sie aus dem System zu schleudern oder aber auf einen Kurs in Richtung Sonne und innere Planeten zu schicken.

Die genannten Zeiträume liegen nach menschlichem Ermessen in einer sehr fernen Zukunft. Tatsächlich plagen die Menschheit schon für die kommenden Jahre ganz andere Sorgen, die solche langfristig bestehenden Gefahren schnell ins Bedeutungslose rücken. Sollte aber unsere sogenannte Zivilisation doch in der Lage sein, die oft selbst verschuldeten Probleme alles in allem zu überwinden und als technologische Gesellschaft über heute unvorstellbare Zeiträumeweiterzubestehen, in welcher Form dann auch immer, werden zwangsläufig auch Risikoabschätzungen auf größeren Skalen nötig, was wiederum seltenere, aber auch erheblichere existenzielle Gefahren in die Diskussion führt.

Rein statistisch betrachtet, gilt die Kollision mit einem kilometergroßen Asteroiden ohnehin bereits als überfällig. Da keine Kette stärker ist als ihr schwächstes Glied und der Zufall zudem kein Gedächtnis besitzt, nimmt es kaum wunder, wenn einige Wissenschaftler sich mehr und mehr um eine entsprechend umfangreiche Himmelsüberwachung bemühen und auch die Politik zu einem gewissen Grad auf die Problematik aufmerksam geworden ist.

Was nun allerdings ein rhythmisch erhöhtes Kollisionsrisiko und entsprechende Statistiken betrifft, dürfte es eher Entwarnung geben. Schon Mitte der 1980er-Jahre wurde bekanntlich die Theorie publik, dass kosmische Kollisionen in regelmäßigen Abständen häufiger auftreten. Dafür wurde gerne ein bislang unsichtbar gebliebener Begleitstern der Sonne verantwortlich gemacht, der in großen Zeitabständen auf seiner langgestreckten elliptischen Bahn regelmäßig in die Gefilde der Oortschen Wolke eindringt und Kometen »aktiviert«. Jener hypothetische Stern wurde »Nemesis« getauft, nach der griechischen Rachegöttin.

Zwei amerikanische Paläontologen glaubten festgestellt zu haben, dass im Abstand von grob gesagt jeweils rund 30 Millionen Jahren Massensterben auf der Erde stattfinden. Sie nahmen wegen der großen Zeitspanne eine kosmische Ursache an. Wohl am populärsten wurde neben Alternativideen dabei genau jene Nemesis-These. Doch Statistiken können trügerisch sein. Auf den großen geologischen Skalen können Datierungsfehler bald die Größenordnung einer solchen Periode erreichen, womit die Aussagekraft gegen null geht.

Auch Bailer-Jones warnte wiederholt vor den Tücken der Statistik und wies schon vor einigen Jahren darauf hin: »Die Menschen neigen dazu, Muster zu sehen, die gar nicht existieren. Und in manchen Situationen kann traditionelle Statistik den Anwender leicht in dieselbe falsche Richtung führen.« So analysierte der Forscher auch die Daten zu irdischen und lunaren Einschlagkratern mit einer alternativen Methode, um realistischere Kollisionstendenzen ableiten zu können.

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Kurz gesagt: Schaut man sich an, wie viele Krater zu unterschiedlichen Zeiten über die letzten 250 Millionen Jahre auf der Erde entstanden sind, scheint eine steigende Tendenz zu bestehen. In jüngerer Zeit müssen demnach mehr Einschläge stattgefunden haben. Beunruhigend und auch noch wahr dazu? Nicht unbedingt. Denn die Erosion löscht vor allem die alten Krater zunehmend aus, sie sind schwieriger nachweisbar. Vor allem die großen und jungen Krater bleiben erhalten. Also kann schnell der Eindruck einer wachsenden Kollisionsrate entstehen. Und, erklärt dieser trügerische Hintergrund nun den Anstieg? Ebenfalls nicht unbedingt.

Auf dem Mond findet kaum Erosion statt. Und trotzdem, auch dort lässt sich ein ähnlicher Effekt nachweisen. Demnach könnte die betreffende Wahrscheinlichkeit in den vergangenen 250 Millionen Jahren tatsächlich leicht gestiegen sein. Nichts Dramatisches, allerdings wäre auch hier Ursachenforschung angebracht. Doch geht Bailer-Jones davon aus, die alte Nemesis-These aufgrund der Datenlage endgültig ad acta legen zu können.

Aus den Kraterdaten gehe keine Periodizität hervor, kein Langzeitrhythmus, der auf einen Begleitstern der Sonne hindeuten könne. Vielmehr seien andere Sterne dafür verantwortlich, wenn gelegentlich eine größere Zahl an Kometen auf Erdkurs gerät. Hip 85605 und Gliese 710 dürften hierfür wohl die nächsten Kandidaten sein. Sie könnten der Erde und ihren Bewohnern gefährlich werden, lange bevor ein riesiger Asteroid die Erde trifft oder gar das Ende unserer Sonne bevorsteht.

Extrem vorausschauende Forscher denken tatsächlich darüber nach, wie sich die Menschheit dann vor dem ultimativen »Aus« der Erde retten könnte, basierend auf den heutigen Vorstellungen zum feurigen Finale, wenn die Sonne zum Roten Riesen wird. Solchen Zukunftsvisionen genügt ein Umzug unserer fernen Nachkommen auf den Mars oder die Besiedlung des Sonnensystems nicht mehr.

Nur die Fähigkeit zum Interstellarflug und die Durchsiedlung der Galaxis dürfte hier längerfristig weiterhelfen, und so finden sich durchaus sogar aus Fachkreisen heraus popularisierte Spekulationen über alte Fremdzivilisationen, die dem Untergang ihrer kosmischen Heimat bereitsdurch eine Odyssee zu anderen »galaktischen Häfen« entfliehen mussten, um ihre Überlebensspanne deutlich zu verlängern.

Angesichts solcher Szenarien scheint ein »Rendezvous« mit Hip 85605 oder GL 710 wirklich kurz bevorzustehen und die Gefahr eindringender Kometen geradezu aktuell zu sein.

Doch »Oort« hin, »Nemesis« her, Fakt ist, dass auch im erdnahen Raum gegenwärtig genügend Trümmer herumschwirren, die erst noch erfasst werden müssen, sodass dann bei einem eventuell wirklich bedrohlichen Bahnverlauf rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden können. Dass die wieder erwärmten »Kalten Krieger« darin ein willkommenes Argument für Waffentechnologien im Weltraum und andere militärische Exzesse sehen könnten, mag ein verständlicher Einwand sein.

Andererseits aber findet diese Riege an Unmenschen auch ganz ohne kosmische Gefahren immer Gründe und scheinbare Rechtfertigungen für ihr Handeln. Dies zu belegen bedarf es keineswegs der Erdgeschichte, hierzu genügen bereits die vergleichsweise verschwindend wenigen Jahre unserer Weltgeschichte.