Das Bundeskabinett hat heute das Gesetz zu Cannabis als Medizin verabschiedet, welches die Verkehrs-, Verschreibungs sowie Erstattungsfähigkeit von Cannabismedikamenten herstellen soll. Jetzt wird es in den Bundestag eingebracht, um dort beraten zu werden.
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© stokkete – fotoliaNeues Gesetz zum Einsatz von Cannabis in der Medizin.
Georg Wurth, Geschäftsführer des Deutschen Hanf Verbandes, sieht in dem Beschluss den entscheidenden Durchbruch für Cannabis als Medizin in Deutschland.

„Cannabisblüten werden durch die Neuregelung fast ein Arzneimittel wie jedes andere. Anstelle des bürokratischen Umweg über individuelle
Ausnahmegenehmigungen können in Zukunft Ärzte Cannabisblüten über ein normales Betäubungsmittel-Rezept verschreiben und in bestimmten Fällen können sie auch von den Krankenkassen erstattet werden.“

Maximilian Plenert, wissenschaftlicher Mitarbeiter des DHV und selbst betroffener Patient, sieht in dem Beschluss das Ergebnis jahrelanger
Prozesse von Patienten gegen die Blockadehaltung der Bundesregierung.

Der Einsatz von Cannabis als Medizin wurde bisher nahezu ausschließlich durch erfolgreiche Klagen von Patienten vorangebracht. Die Politik hat das Recht der Patienten auf medizinische Versorgung blockiert, wo sie nur konnte.“

Der wichtigste Kritikpunkt des DHV am aktuellen Gesetzentwurf ist die Blockade beim Eigenanbau durch Patienten. Diesen zu verhindern wird
explizit von der Bundesregierung als Zweck des Gesetzes genannt. Der Anbau durch Patienten ist aber bis auf weiteres die einzige Möglichkeit,
Versorgungssicherheit, Sortenvielfalt für jede Diagnose sowie die reale Verfügbarkeit ihres Medikamentes unabhängig von ihren finanziellen
Möglichkeiten sicherzustellen. Wurth geht davon aus, dass das jüngste Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zum Eigenanbau vorerst gültig
bleibt und das BfArM Anbauanträge von Patienten genehmigen muss.

Kritisch sieht Wurth die Ultima-Ratio-Regelung bei Kostenerstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen.

„Patienten müssen weiterhin alle anderen möglichen Medikamente, zum Teil mit erheblichen Nebenwirkungen, probiert haben, um eine Kostenerstattung zu erhalten - selbst wenn bereits klar ist, dass Cannabis ihnen hilft.

Weitere Kritik übt Plenert an der verpflichtenden „Begleiterhebung“.

„Der Zwang, für die Kostenerstattung an einer Begleiterhebung teilzunehmen, ist ethisch höchst fragwürdig. Ebenso ist vollkommen
unklar, wie auf Grundlage dieser Daten Richtlinien für die Erstattung von Cannabisblüten erstellt werden sollen. Wir fordern ein vernünftiges
staatliches Forschungsprojekt zu Cannabis als Medizin. Viele Patienten haben bereits in der Vergangenheit angeboten, freiwillig an einem
solchen Projekt mitzuwirken, jedoch hat die Bundesregierung dieses Angebot nicht wahrgenommen. Es gilt Jahrzehnte der verhinderten
Forschung im Bereich Cannabis nachzuholen, damit Cannabis in Zukunft mit der gleichen Evidenz eingesetzt werden kann wie andere Medikamente.

Ebenso muss die Bundesregierung zur Umsetzung des Gesetzes die Bildungslücken in der Ärzteschaft schließen.“

(pm)