Die Ukraine ist verärgert über deutsche Wortmeldungen nach Aufhebung der Russland-Sanktionen. Kiew hat von Außenministerium Aufklärung verlangt. Die Ukraine ist faktisch pleite und wird vorwiegend von europäischen Steuergeldern über Wasser gehalten. Die USA wollen weiter einen harten Kurs gegen Moskau.
Der ukrainische Präsident Poroschenko mit der Pilotin Nadja Sawtschenko
© dpaDer ukrainische Präsident Poroschenko mit der Pilotin Nadja Sawtschenko.
Die Forderung von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nach einer schrittweisen Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland hat in der Ukraine Irritationen ausgelöst. „Wir haben heute das Auswärtige Amt gebeten mitzuteilen, ob diese Position der Haltung der Bundesregierung entspricht“, sagte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, dem Tagesspiegel. Die Forderung sei in Kiew „mit Enttäuschung und Bitterkeit“ aufgenommen worden, da sie „nicht zielführend“ sei.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier will mit einer schrittweisen Lockerung der Sanktionen gegen Russland Bewegung in den Friedensprozess in der Ukraine bringen. „Ein Alles oder Nichts bringt uns unserem Ziel nicht näher“, sagte Ministeriumssprecher Martin Schäfer am Freitag in Berlin im Namen Steinmeiers mit Blick auf die 13 Bedingungen des Westens für die Aufhebung von Handelsverboten und anderen Strafen. In Japan pochten die G7-Staaten erneut auf die Umsetzung der in Minsk vereinbarten Schritte für eine friedliche Lösung des Konflikts und drohten andernfalls mit einer Ausweitung der Strafmaßnahmen. In Moskau drohte Ministerpräsident Dmitri Medwedew mit einer Verlängerung des Embargos auf EU-Agrarprodukte, das Russland in Reaktion auf westliche Sanktionen verhängt hatte.

Einige Strafmaßnahmen laufen im Juli aus, wenn die EU sie nicht verlängert.

In Minsk hatten sich die Ukraine und Russland unter deutsch-französischer Vermittlung auf einen Fahrplan für eine Beendigung des Konflikts geeinigt. Um den Minsk-Plan umzusetzen, sei es „richtig und erforderlich, den Druck aufrechtzuerhalten, aber gleichzeitig mit dem Instrument der Sanktionen gegen Russland auf intelligente Art und Weise umzugehen“, sagte Schäfer. Sanktionen seien kein Selbstzweck, sondern müssten einen Anreiz für ein gewünschtes politisches Verhalten bieten. „Bei substanziellen Fortschritten muss auch ein stufenweiser Abbau des Sanktionsinstrumentariums möglich sein.“ Als Fortschritte nannte er eine Verbesserung der Sicherheitslage, die Verabschiedung eines Kommunalwahlgesetzes und demokratischen Standards entsprechende Kommunalwahlen.

Die wichtigsten westlichen Industriestaaten (G7) erklärten bei ihrem Gipfeltreffen in Japan, Sanktionen gegen Russland könnten zurückgenommen werden, wenn Russland die Minsker Bedingungen umsetze. „Die Sanktionen sind an die Erfüllung von Minsk gebunden“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Ise-Shima. Merkel sagte, sie sehe keinen Anlass zu einer Veränderung der Haltung des Westens.


Schäfer verwies darauf, dass die EU in der Frage der Haltung zum Ukraine-Konflikt und zu Russland gespalten ist. Vor allem osteuropäische Staaten fordern eine harte Linie gegen Russland. So erklärte der aus Polen stammende EU-Ratspräsident Donald Tusk in Japan, alle Sanktionen würden aufrechterhalten, solange nicht alle Minsker Vereinbarungen umgesetzt seien. Dagegen regt sich unter anderem in südeuropäischen Staaten Widerstand. Auch in Deutschland haben Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Agrarminister Christian Schmidt angeregt, über ein Ende der Sanktionen nachzudenken. Die deutsche Wirtschaft beklagt Exporteinbußen wegen der Sanktionen, die Landwirte trifft zusätzlich ein auch durch das russische Embargo bedingter Preisverfall bei Lebensmitteln.