Mehr als 7.000 Kinder sind seit Jahresbeginn ohne Begleitung Erwachsener aus Nordafrika nach Italien gekommen. Das geht aus einem Bericht des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen hervor. Das, was die Kinder auf ihrem Weg nach Europa häufig erleben müssen, ist schockierend, wie der TV-Sender „RT“ berichtet.
Flüchtlingskinder
© AFP 2016/ Tobias Schwarz
UNICEF schlägt Alarm. Nicht nur, dass Flüchtlingskindern bei der Überquerung des Mittelmeeres Tod durch Ertrinken droht. Auch an Land sind sie in ständiger Gefahr, Opfer von Sadisten, Pädophilen und Menschenhändlern zu werden.

Mehr als 7.000 Minderjährige seien seit Jahresanfang von Libyen aus unbegleitet nach Italien aufgebrochen, heißt es im neuen UNICEF-Bericht. Auf dem Weg nach Europa drohten ihnen Schläge, Vergewaltigungen, Folter und Sklaverei.

Ein Teenager, den die UNICEF-Mitarbeiter Omar nennen, erzählte, dass er mit 16 Jahren seine Heimat in Somali verlassen habe. Er sei nach Italien aufgebrochen. Zwei Jahre habe seine Reise gedauert.

„Ich habe viele Tote gesehen und dachte, dass ich auch sterben werde“, sagt Omar.

In Libyen haben Menschenhändler Omar in die Hände bekommen und ihn gefoltert. Vor laufender Kamera zeigt der Teenager seine Folterspuren.

„Hier sind meine Verbrennungswunden. In dem Verlies, in dem ich gehalten wurde, sind sechs Menschen gestorben“, sagte Omar den Journalisten.

Eine junge Frau unter dem Pseudonym Mir floh mit 17 aus einer Zwangsehe in Nigeria. Auch sie wollte nach Europa.

„Wir hatten schreckliche Angst. Wir sahen menschliche Knochen im Sand. Wir trafen oft auf Soldaten. Manche von ihnen vergewaltigten junge Frauen“, erzählte sie.

In Libyen musste die junge Frau Schreckliches durchmachen. Sie und ihre Leidensgenossinnen mussten unter menschenunwürdigen Bedingungen ausharren.

„Eineinhalb Monate habe ich in Libyen verbracht. Man hat uns sehr schlecht behandelt. Manchmal gab es weder Essen noch Trinken. Wir hatten kein Wasser, auch keine saubere Kleidung, konnten uns nicht waschen. Wir hatten gar nichts“, sagte Mir.


Derweil hat die Europäische Union angekündigt, die Kooperation mit Libyen bei Migrationsfragen im Rahmen der Drittländerpartnerschaft zu aktivieren. Laut der EU besteht das Ziel der Partnerschaft darin, dem Tod von Flüchtlingen im Mittelmeer vorzubeugen, und deren Rückkehr in die Heimat zu erleichtern.

„Wir planen, die Führung Libyens zu unterstützen, in erster Linie, um ihr zu helfen, die Situation im Inland zu stabilisieren und die Lage der einheimischen Bevölkerung zu verbessern“, sagte die Hohe Vertreterin der EU für die Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini. „Wie Sie wissen, arbeiten wir derzeit an der Ausweitung des Mandats für die Operation ‚Sophia‘, um Maßnahmen zur Ausbildung der libyschen Küstenwache und der Marine in die Operation aufzunehmen“, so die Hohe EU-Vertreterin. Damit sollen die libyschen Seestreitkräfte in die Lage versetzt werden, ihre Gewässer selbst zu kontrollieren.

Indes ruft Amnesty international die Europäische Union dazu auf, auf die Kooperation mit der libyschen Führung zu verzichten. Diese sei für das Leid der Flüchtlinge mitverantwortlich, so die Menschenrechtler.

„Europa darf nicht einmal daran denken, mit Libyen zusammenzuarbeiten, wenn die Kooperation direkt oder indirekt zu schrecklichen Menschenrechtsverletzungen führt“, sagte Magdalene Mughrabi, Sprecherin der Menschenrechtsorganisation. „Die harte Realität sieht so aus, dass die libysche Küstenwache Tausende von Menschen abfängt und in die Notunterkünfte zurückbringt, wo sie Opfer von Folter und anderen Verbrechen werden.“

Sara Crowe, UNICEF-Sprecherin, betonte, das Problem der Gewalt, die den Minderjährigen auf ihrer Flucht wiederfahre, könne nur gelöst werden, „wenn die Ursachen für die Flucht, die die jungen Leute und die Kinder dazu bringen, sich auf eine solch gefährliche Reise zu machen, beseitigt werden“, konstatiert sie.