Am Dienstag bombardierten französische Flugzeuge Orte in Syrien. Dabei starben mindestens 120 Menschen. Zuvor hatte der französische Präsident gedroht, die Miliz Islamischer Staat in Syrien anzugreifen. Anlass: Ein französischer Bürger ermordete am Donnerstag bei einem Amoklauf 84 Menschen. Er ist nicht der einzige, der seinen erweiterten Selbstmord politisch aufwertet.
Fabrizierter Terrorismus
Fabrizierter Terrorismus
Anfang Mai stach ein 27-Jähriger Mann in der S-Bahn bei Gräfing in Bayern auf mehrere Menschen ein. Eines der Opfer starb nach dem Angriff. Der Täter war barfuß unterwegs und kam direkt aus der Psychatrie. Er rief wohl auch etwas, das wie „Allahu Akbar“ klang.

In Würzburg ging ein 17-Jähriger am Montag mit einer Axt auf Fahrgäste in einem Regionalzug los. Er griff eine aus Hongkong stammende chinesische Familie an. Angeblich hatte er zuvor eine Videobotschaft aufgenommen, in der sich als Kämpfer des Terrormiliz Islamischer Staat bezeichnet.

Weniger Glück hatten Gäste in einem Nachtclub in den USA. Aufgrund der laxen Waffengesetze kam der Täter hier mit einem Sturmgewehr. Der 29-Jährige erschoss im Pulse-Club 49 Menschen. In dem Lokal hatte er selbst in den letzten Jahren häufig Kontakte zu Männern gesucht.

Aber es braucht nicht immer Schusswaffen, um Menschen zu töten: Am vergangenen Donnerstag fuhr ein 31-Jähriger mit einem Kühl-LKW auf die Promenade von Nizza und tötete dort 84 Menschen. Der Täter war, Angaben seiner Familie zufolge, seit Jahren psychisch auffällig.

Aber auch in Europa kann das anders gehen: Genau vor fünf Jahren ermordete ein damals 32-Jähriger mit einer selbst gebauten Bombe und mehreren Schusswaffen in Norwegen 77 Menschen. Er behauptete Teil einer weltweit agierenden Terrororganisation zu sein.

In den anderen aufgezählten Fällen stellte der Täter oder die Medien eine Verbindung zum „Islamischen Staat“ her. In keinem Fall konnte irgendein direkter Kontakt nachgewiesen werden. Aus kriminalistischer Sicht handelt es sich in beinahe allen diesen Fällen um einen „erweiterten Suizid“.

Die Gemeinsamkeiten dieser Fälle sind schnell aufgezählt: Wie immer bei Amokläufen handelt es sich bei den Tätern um Männer im jugendlichen oder mittleren Alter, die sozial isoliert sind und teilweise vorher durch psychische Probleme aufgefallen waren.

Aber anders als bei unzähligen Schulmassakern gilt neuerdings all das als „Terror“ und als willkommener Anlass, damit Politiker und Sicherheitsbehörden „mehr Befugnisse“ herbeischreien können. Das französische Parlament verhängte für ein weiteres halbes Jahr einen Ausnahmezustand.

Wie heute bekannt wird, ließ Präsident Hollande in den letzten Tagen Zivilisten in Syrien bombardieren. Am Dienstag starben mehr als 120 Zivilisten nahe der Grenze zur Türkei bei französischen Luftangriffen.

Das syrische Außenministerium wandte sich mit einem Brief an den UN-Sicherheitsrat:
„Die völlig ungerechtfertigte französische Aggression kostete das Leben von mehr als 120 Zivilisten, die meisten von ihnen sind Kinder, Frauen und ältere Menschen. Hinzu kommen mindestens zehn Verwundete, auch sie zumeist Frauen und Kinder“, berichtet das syrische Außenministerium.
Zudem beschuldigt das syrische Außenministerium die USA, Frankreich, Saudi-Arabien, Großbritannien und Katar weiterhin islamistische Terrororganisationen wie Al-Nusra und Jaish Al-Islam zu unterstützen, obwohl diese Söldner-Truppen klare Verbindungen zum IS und zu A-Qaida haben.

Noch in der Nacht der Amokfahrt von Nizza hatte sich Präsident Hollande hingestellt und behauptet, der „terroristische Charakter“ des Angriffs könne nicht geleugnet werden. „Wir werden jene zur Rechenschaft ziehen, die uns auf unserem eigenen Boden angreifen.“ Hollande stellte in Aussicht, den Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat im Irak und in Syrien zu verstärken.

Schon als im November eine Gruppe junger Franzosen und Belgier, die sich zuvor dem IS angeschlossen hatten, ohne dass die europäischen Sicherheitsbehörden etwas dagegen unternahmen, einen Terroranschlag in Paris verübten, hatte Hollande ohne weiteres Syrien bombardieren lassen. Es ist die Stunde der Psychopathen, und diese Stunde will nicht vorbeigehen.