Johannesburg - Nach dem irrtümlichen Luftangriff auf ein Flüchtlingslager im Nordosten von Nigeria geht die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) inzwischen von bis zu 170 Todesopfern aus. Dies ergebe sich aus übereinstimmenden Berichten von Lagerbe­wohnern und örtlichen Verantwortlichen, erklärte MSF am Freitag. Allein Mitarbeiter der Organisation hätten rund 90 Tote gezählt. „Die meisten Opfer waren Frauen und Kinder“, hieß es.
Bombenangriff Nigeria
© Médecins sans Frontières (MSF)/AFPFlüchtlingslager in Rann nach dem Luftangriff
Das Bombardement vom vergangenen Dienstag ereignete sich demnach, als gerade Hilfsgüter verteilt wurden. Nach UN-Angaben wurden inzwischen rund 90 Verletzte aus dem Lager in Rann zur Behandlung in die Stadt Maiduguri ausgeflogen, die meisten davon Kinder. Die nigerianischen Behörden haben bislang keine genauen Angaben gemacht, wie viele Menschen bei dem Luftangriff im Bundesstaat Borno getötet oder verletzt wurden.

Nach Angaben von Helfern wurde das Flüchtlingslager zwei Mal im Abstand von knapp fünf Minuten bombardiert. Dort haben Zehntausende vor der Gewalt der islamistischen Terrororganisation Boko Haram Zuflucht gesucht. Der Luftangriff hätte dem nigeriani­schen Militär zufolge Boko Haram gelten sollen. Die Streitkräfte leiteten eine Untersu­chung des Vorfalls ein.

Boko Haram hat seit 2009 bei Angriffen und Anschlägen im Nordosten Nigerias und an­grenzenden Gebieten mindestens 14.000 Menschen getötet. Die sunnitischen Funda­men­talisten wollen dort und in den angrenzenden Gebieten einen sogenannten Gottes­staat erreichten. Rund 2,7 Millionen Menschen sind nach UN-Angaben vor der Gewalt geflohen. In der Region sind infolge des Konflikts demnach rund fünf Millionen Menschen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.

dpa/aerzteblatt.de