Österreichischer Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl
© AP Photo/ Michael ProbstDer österreichische Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl
In der Schlussphase des österreichischen Wahlkampfes kommt das Thema Russland-Sanktionen noch einmal zur Sprache. Wie eine neue Studie des Wifo-Institutes belegt, haben die Strafmaßnahmen gegen Russland die EU 30 Milliarden Euro gekostet. Die FPÖ fordert die sofortige Rücknahme der Sanktionen.

Der österreichischen Wirtschaft geht es blendend - das zumindest suggeriert eine aktuelle Pressemitteilung des Wirtschaftskammer-Präsidenten Christoph Leitl. Seine optimistische Einschätzung zieht Leitl aus den am Montag von der Statistik Austria veröffentlichten Außenhandelsdaten für Januar bis Juli 2017.

"Mit einem Ausfuhrplus von 7,9 Prozent auf 82,32 Milliarden Euro stellen die heimischen Betriebe ihre internationale Leistungsfähigkeit unter Beweis. Nach dem sehr herausfordernden Exportjahr 2016 steuern wir für das Gesamtjahr 2017 schnurgerade und zielsicher auf ein 'All-time-high' bei den Ausfuhren zu", so Leitl.

Neben teilweise zweistelligen Zuwachszahlen bei den Exporten in verschiedene Regionen der Welt sollen sich nach der sanktionsbedingten Durststrecke auch die Handelsbeziehungen zu Russland merklich erholt haben und die Ausfuhren um 26 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode gestiegen sein. Kein Anlass zur Sorge also?

Eine aktuelle Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung spricht eine andere Sprache. Während sich Russland nach anfänglichen Problemen gefangen hat und nach Analystenschätzungen des Datenanbieters Bloomberg sogar mit einem Wirtschaftswachstum um 1,7 Prozent in diesem und nächstem Jahr rechnen kann, haben die Strafmaßnahmen und die russischen Gegensanktionen die europäische Wirtschaft stark getroffen: Seit 2014 sollen die EU-Exporte nach Russland um jährlich 15,7 Prozent geschrumpft sein. Der Rückgang des Exports zwischen 2014 und 2016 bedeutete für die EU einen Verlust von rund 30 Milliarden Euro. Unter den russischen Gegensanktionen brachen vor allem die Exportumsätze in der Agrarwirtschaft (Milchprodukte und Früchte), der Warenherstellung (Fahrzeuge) und den Rohstoffen (Eisen und Stahl) ein. Auch Österreich war mit einem Exportrückgang von 9,5 Prozent und einem Verlust von rund einer Milliarde Euro unter den Leidtragenden.

Im österreichischen Wahlkampf, der sich in seiner Schlussphase befindet, spielt das Thema Sanktionen daher eine wichtige Rolle. Es sind vor allem die Freiheitlichen um Heinz-Christian Strache, die sich für eine sofortige Aufhebung der Strafmaßnahmen stark machen.

"Die Sanktionen der EU gegen Russland sind ein Schuss ins eigene Knie", kommentierte am Montag Harald Vilimsky, freiheitlicher Delegationsleiter im EU-Parlament und FPÖ-Generalsekretär. Es sei höchste Zeit, die Maßnahmen zu beenden, wenn man der eigenen Wirtschaft nicht noch mehr schaden wolle. Von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) erwarte er, dass auch sie sich klar und unmissverständlich für eine Aufhebung der Sanktionen aussprechen sollen, so der FPÖ-Politiker.

Auch Wiens Vizebürgermeister, FPÖ Bundesparteiobmann-Stellvertreter Johann Gudenus fand nach Veröffentlichung der Studie deutliche Worte:

"Wie lange werden Bundeskanzler Kern und Außenminister Kurz diese EU, die alles andere als die Interessen der Unions-Staaten vertritt, noch schalten und walten lassen, wie sie möchte? Wir brauchen eine österreichische Lösung und einen eigenständigen österreichischen Weg."

Georg Strasser, der Präsident des österreichischen Bauernbundes setzt derweil seine Hoffnungen auf Sebastian Kurz (ÖVP), der eine allmähliche, an die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen gebundene Rücknahme der Sanktionen befürwortet. "Durch das Russland-Embargo haben unsere Landwirte einen wichtigen Abnehmer verloren. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere diplomatischen Beziehungen zu Russland stabilisiert werden, damit wir alte Märkte wieder neu erschließen können. Aber nur im Gleichschritt mit der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen."

Vehement hatten Kurz und Kern die Verschärfung der Russland-Sanktionen kritisiert, die die USA Ende Juli 2017 im Alleingang beschlossen hatten.

"Soweit wir wissen, können die geplanten Sanktionen auch auf europäische Unternehmen abzielen, die im Bereich der Entwicklung von Energie-Infrastruktur tätig sind. Sie könnten sich auch auf österreichische Großfirmen auswirken. Die extraterritoriale Anwendung solcher nationaler Gesetze ist absolut inakzeptabel", sagte Jürgen Schwarz, Sprecher von Bundeskanzler Kern gegenüber der russischen Agentur TASS.

ÖVP-Spitzenkandidat Kurz hatte über Twitter Bedenken an dem US-amerikanischen Schritt geäußert und eine gemeinsame europäische Reaktion zur Wahrung europaeischer Interessen gefordert.

Rainer Seele, Chef des österreichischen Energieversorgers OMV sagte gegenüber dem "Handelsblatt", es sei im Interesse Europas, die Versorgungssicherheit eigenständig zu gewährleisten. Statt die Lieferungen aus Russland zu gefährden, müsse sogar mehr Gas aus Russland nach Europa kommen. OMV ist an der Finanzierung der Pipeline Nord Stream 2 beteiligt.