Entwicklung Drohen-Technologie
© Stop Automatic WeaponsScreenshot aus dem Video "Slaughterbot".
Dank des Fortschritts in Sachen künstlicher Intelligenz können Roboter mittlerweile relativ autonom agieren. Dasselbe gilt für Waffensysteme wie unbemannte Drohnen. Droht eine Zukunft, in der Mini-Kampfdrohnen, gegen die es keine Abwehr gibt, eigenständig über Leben und Tod entscheiden?

"Piloten unserer unbemannten Drohnensysteme haben im vergangenen Jahr knapp 3.000 Präzisionstreffer erzielt. Wir sind darauf sehr stolz. Es erlaubt uns, die guten von den bösen Kerlen zu trennen. Es ist eine große Sache. Aber wir haben noch etwas viel Größeres", mit diesen Worten leitete der Vertreter einer auf Drohnen spezialisierten Rüstungsfirma seine Präsentation vor großem Publikum ein (siehe unten eingebettetes Video).

Daraufhin fliegt eine Drohne, die auf einer Handfläche Platz findet, in den Saal und umkreist den Mitarbeiter von StratoEnergetics. "Eure Kinder haben so etwas wahrscheinlich zu Hause, oder? Nicht ganz!", sagt dieser, um im nächsten Moment mit einer schnellen Bewegung nach der Mini-Drohne zu greifen. Doch sie weicht ruckartig aus. "Ein guter Pilot? Nein, diese Fähigkeit basiert alleine auf künstlicher Intelligenz", fährt der Vertreter fort, um sodann ins Schwärmen über die technischen Fähigkeiten des sich selbst steuernden Geräts zu geraten:
Der Prozessor kann 300-mal schneller reagieren als ein Mensch. Die ruckartigen Bewegungen sind ein Anti-Scharfschützen-Mechanismus. Wie jedes Handy heutzutage verfügt es über Kameras und Sensoren, und es kann wie eine Social-Media-App auf eurem Handy Gesichter erkennen."
Doch da hören die Gemeinsamkeiten mit den Telekommunikationsgeräten auch auf. Denn die Drohne enthält zudem eine ganz besondere Zutat: Drei Gramm Sprengstoff in einer Hohlladung. "Und so funktioniert es", sagt der Rüstungsvertreter und schleudert die Drohne über die Köpfe des Publikums hinweg in den Saal. Das Fluggerät sucht sich unverzüglich sein Ziel in Form einer Schaufensterpuppe, die auf der Bühne platziert wurde. Sekunden später hat diese ein Loch in der Stirn.
Dieser kleine Knall ist genug, um den Schädel zu durchschlagen und dessen Inneres zu zerstören", so der sichtlich stolze Firmenrepräsentant.
Was StratoEnergetics dem staunenden Publikum präsentierte, ist die neueste Entwicklung einer Kamikaze-Drohne. "Es heißt, Waffen töten nicht, sondern Menschen töten", fährt der Vertreter fort. "Nun, Menschen tun es nicht. Sie werden emotional, sie verweigern Befehle, sie zielen falsch."

Seine Firma will nicht nur den Menschen beim Töten durch Maschinen wie der präsentierten Kamikaze-Drohne ersetzen, sondern letztere so vernetzen, dass sie wie ein Schwarm eigenständig über eine ganze Stadt herfallen können. Oder besser gesagt, "eine halbe Stadt, die böse Hälfte". Atomwaffen seien dagegen obsolet, wohingegen der Einsatz dieser Drohnen "risikofrei" sei, so der Firmenvertreter.

Mit der Verknüpfung entsprechender Daten - beispielsweise aus den sozialen Medien - sei der Feind leicht zu identifizieren. Schon die Nutzung eines bestimmten Hashtags reiche künftig aus, "um eine böse Ideologie dort anzugreifen, wo sie beginnt" - indem eigens programmierte Kamikaze-Drohnen die Nutzer solcher Hashtags selbstständig ins Jenseits befördern.

Nur ein Fake - Aber dennoch keine allzu ferne Zukunftsmusik

Auch wenn die technischen Voraussetzungen schon heute grundsätzlich gegeben sind, handelt es sich zum Glück noch um Zukunftsmusik. Denn die Präsentation von StratoEnergetics war nicht echt, sowenig wie die Firma selbst. Spätestens wer auf der Webseite der vermeintlichen Drohnenbauer die "Kauf"-Option anklickt, wird darüber aufgeklärt, dass fliegende Maschinen, die aufgrund autonomer Entscheidungen einen Menschen töten können, keine gute Idee sind:
Diese Waffen sind gleichbedeutend mit Massenmord. Sie fördern nicht die Friedenssicherung. Sie retten keine Leben. Regierungen können sie nicht kontrollieren. Und es gibt KEINE Verteidigung. Sehen Sie sich den Film unten an, um zu sehen, wie schlimm diese Waffen werden könnten, wenn wir deren Entwicklung zulassen."
Das Video zeigt - im Anschluss an die Fake-Präsentation der Drohnenfirma - eine Zukunft, in der Mini-Killerdrohnen den klassischen Attentäter und Amokläufer ersetzt haben. Denn natürlich gibt es auf den Einsatz von Kamikaze-Drohnen keine Exklusivrechte. Auch Terrorgruppen oder sonstige feindlich gesonnene Mächte können eine Technologie für sich nutzbar machen, wenn sie erstmal soweit entwickelt wurde.

Hinter der Fake-Firma StratoErnergetics und deren vermeintlichen Waffenschau steht das Future of Life Institute, das sich dem Kampf gegen automatisierte Tötungssysteme verschrieben hat. Der Videoclip, der zumindest in den ersten Minuten irritierend echt wirkt und inzwischen im Internet viral geht, wurde eigens für die "UN-Konvention über bestimmte konventionelle Waffen" produziert, die diese Woche in Genf zusammenkommt.

Er ist Teil der internationalen Kampagne "Stoppt Killerroboter", die ein weltweites Verbot für Waffensysteme fordert, die autonom über Leben und Tod entscheiden können, ohne dass ein Mensch einen konkreten Tötungsbefehl geben muss.

Sie knüpft an den offenen Brief an, den vor zwei Jahren Experten aus dem Bereich Künstliche Intelligenz und Robotertechnologie verfasst hatten, darunter neben Tesla-Chef Elon Musk und dem Physiker Stephen Hawking auch Stuart Russel von der Universität von Kalifornien, Berkeley. Er hat das "Slaughterbots"-Video mit produziert, an dessen Ende er selbst Worte an die Zuschauer richtet:
Dieser kleine Film ist mehr als nur Spekulation. Er zeigt die Resultate der Integration und Miniaturisierung von Technologien, die wir bereits haben. (...) Maschinen die Auswahl beim Töten von Menschen zu erlauben, wird für unsere Sicherheit und Freiheit verheerend sein.