
Natürlich ist dies nur ein vorübergehendes Phänomen, bis schließlich ein neues Kräfteverhältnis von allen anerkannt wird. Aber bis dieser Punkt erreicht ist, werden wir außenpolitische Experimente verschiedener Staaten erleben. Die Positionen kleiner und mittlerer Staaten rücken zunehmend in das Blickfeld der Großmächte, die ihrerseits um die Bildung eines neuen Gleichgewichts ringen. Wir sind in einem Moment angelangt, in dem ein kleiner Staat wesentlich mehr für sich selbst verlangen kann, als er es in einem System starrer Hierarchie bekommen würde.
Im Ringen um die Verbesserung seines Platzes in der Welthierarchie sieht sich Russland gut vorbereitet, um seine nationalen Interessen zu verteidigen und eine geopolitische Gerechtigkeit wiederherzustellen. Durch einen solchen Stresstest, wie wir ihn jetzt erleben, werden Realitätsnähe der Bewertungen, die nationalen Qualitäten, Breite der Ressourcen und die Strategieentwicklung auf die Probe gestellt. Im Wesentlichen ist diese Krise ein Test für die Qualität der Strategie aller Beteiligten: Jeder geht mit seinem eigenen, anfänglichen Verständnis in die Krise, wie die Welt wohl aussehe, wie sie funktioniere und wohin der Lauf der Zeit uns führen werde.
Kommentar: Die USA halten krampfhaft an ihrem Selbstbild einer "Lichtbringer-Demokratie" fest, obwohl mittlerweile wirklich alles dagegen spricht. Sie fürchten den Verlust ihrer Führungsposition in dem neu entstehenden Gefüge einer multipolaren Weltordnung - was keine unberechtigte Angst ist. Vieles spricht dafür, dass ihre Zeit abläuft - was nur gut sein kann.