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© StZIst der Krater von Rochechouart im französischen Zentralmassiv der Rest eines gewaltigen Meteoriteneinschlags?
Stuttgart - Noch heute kann man im Massif Central in der Nähe der französischen Stadt Limoges die Narben des gewaltigen Einschlags entdecken, der vor recht genau 201 Millionen Jahren West- und Mitteleuropa mit einem der stärksten Erdbeben erschütterte, das diese Region wohl jemals erlebt hatte. "Es dürfte mit einer Magnitude von 11 auf der Richter-Skala rund hundert Mal stärker als das Seebeben von Weihnachten 2004 gewesen sein, das den verheerenden Tsunami im Indischen Ozean auslöste", erklärt der Geologe Martin Schmieder von der Universität Stuttgart. Auch vor 201 Millionen Jahren könnte das Mega-Erdbeben solche Riesenwellen ausgelöst haben, die damals unter anderem die Küsten der heutigen Britischen Inseln verwüsteten.

Dort finden Geologen jedenfalls eine Gesteinsschicht aus dieser Zeit, in der viele kleine Körner, aber auch Gesteinsbrocken stecken, die bis zu einem Meter Durchmesser haben. "Sehr wahrscheinlich hat ein Tsunami diese Teilchen dorthin gespült", erläutert Martin Schmieder die Zusammenhänge. Direkt darunter aber liegt eine andere Schicht, in der Geologen Verformungen sehen, wie sie ein starkes Erdbeben auslöst. Auf rund einer Viertel Million Quadratkilometer finden sich diese Spuren eines Erdbebens und darauf folgender Riesenwellen. Allerdings fragten sich die Geoforscher lange, ob der Krater von Rochechouart wirklich das Epizentrum des Megabebens war, das damals Westeuropa in den Grundfesten erschütterte?

Hinweise auf dramatische Ereignisse

Um diese Frage zu beantworten, ermittelten Martin Schmieder und Elmar Buchner von der Uni Stuttgart gemeinsam mit Mario Trieloff und Winfried Schwarz von der Uni Heidelberg sowie Philippe Lambert vom Institut für Angewandte Wissenschaften in Bordeaux aus den Mengen zweier Argon-Varianten mit den Atom-Massen 39 und 40 im Gestein das Alter des Kraters: Er entstand vor 201 Millionen Jahren. Allenfalls zwei Millionen Jahre früher oder später könnte es gewesen sein, wie sie in der Fachzeitschrift Meteoritics and Planetary Science berichten. Damit ist der Krater ziemlich genau so alt wie die Ablagerungen auf den Britischen Inseln, die auf ein Mega-Erdbeben und einen Riesen-Tsunami hinweisen.

Eine genaue Analyse des Gesteins gibt Meteoritenkrater-Spezialisten wie Martin Schmieder dann weitere Hinweise auf die dramatischen Ereignisse vor 201 Millionen Jahren. Vermutlich donnerte damals ein Eisenmeteorit mit einem Durchmesser von rund einem Kilometer, einem Gewicht von mehreren Milliarden Tonnen und einer Geschwindigkeit von vielleicht Hunderttausend Kilometern in der Stunde in das heutige Massif Central. Dieser gewaltige Einschlag erzeugte Temperaturen von einigen Tausend Grad Celsius und einen Druck, der eine Million Mal größer als der Luftdruck auf Meereshöhe war.

Schlagartig verdampften einige Milliarden Tonnen Gestein, am Ende hatte das vermutlich aus dem Asteroidengürtel zwischen den Umlaufbahnen der Planeten Mars und Jupiter stammende kosmische Geschoss einen Krater mit einem Durchmesser von 40 oder sogar 50 Kilometern in das Massif Central gerissen. Und ein Erdbeben mit der Magnitude von 11 auf der Richterskala ausgelöst.

Das Massif Central war damals aber kein Mittelgebirge auf dem Festland, sondern eine große Insel in einem relativ flachen Meer, das Geologen Tethys nennen. Weitere Rieseninseln in diesem Meer, aus dem später das Mittelmeer entstehen sollte, waren die heutige Iberische Halbinsel, die Bretagne und Teile der Britischen Inseln. Weiter im Westen bahnte sich gleichzeitig Großes an, ein Graben begann die vorher noch zusammenhängende Landmasse in Nordamerika im Westen und Europa im Osten aufzudrängen. Zwischen beiden entstand eine Wasserstraße, die heute zum Atlantik geworden ist.

Meteoriteneinschlag ließ Tierarten verschwinden

Ob der Meteorit damals direkt das Massif Central getroffen hat, oder ob er vielleicht in die Küstenregion oder sogar ins Meer donnerte, wissen die Forscher nicht. Gut vorstellbar aber sind gewaltige Hangrutsche an den Unterwasserhängen der Inseln im Tethys-Meer. Diese Unterwasserlawinen aber sollten in den schmalen Gewässern damals gewaltige Tsunamis auslösen und so die Ablagerungen erklären, die auf den Britischen Inseln gefunden wurden.

Nicht nur der Tsunami dürfte viele Lebewesen getötet haben. Der direkte Einschlag sollte im Umkreis von 100 Kilometern alles Leben ausgelöscht haben, die enormen Temperaturen des Impakts haben im Umkreis von 300 Kilometern vermutlich allen Organismen schwerste Verbrennungen zugefügt. Die Auswirkungen des Meteoritentreffers dürften wohl auch stark zu dem Massensterben beigetragen haben, das vor rund 200 Millionen Jahren zahlreiche Arten verschwinden ließ. "Dieses Ereignis gehört zu den fünf großen, bekannten Massensterben, die wir manchmal als Big Five' bezeichnen", erklärt Martin Schmieder. Der auf die Erde donnernde Asteroid hat damals also nicht nur das spätere Westeuropa umgegraben, sondern die gesamte Erde einschneidend verändert. "Zwar treffen so große Himmelskörper im Durchschnitt nur in Abständen von mehreren Millionen Jahren auf den Globus", erklärt der Forscher. Dann aber sind die Auswirkungen unvorstellbar groß.