In den Wirtschaftsnachrichten scheint eine Unternehmenspleite die nächste zu jagen. Jüngste Beispiele sind der Musik-Veranstalter Big City Beats, die Modekette Aachener, aber auch eine Traditionsbrauerei aus Bayern. Experten haben bereits vor Monaten prognostiziert, dass es im Jahr 2024 zu deutlich mehr Insolvenzen kommen könnte, als im kommenden Jahr 2025. Verantwortlich sind dafür laut einer Insolvenz-Studie der Allianz Trade vorwiegend die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, hohe Betriebskosten, steigende Energiepreise, anhaltendes Lohnwachstum, Lieferkettenprobleme und eine schwache Nachfrage. Auch geopolitische Konflikte, wie der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, hätten einen starken Einfluss auf die globale wirtschaftliche Lage - und daher auf Deutschland.
Kommentar: Es sind die Sanktionen, die der Westen Russland auferlegt hat und nicht Russland auf den Westen.
Eine von der Wirtschaftszeitung Handelsblatt bei der Restrukturierungsberatung Falkensteg in Auftrag gegebene Analyse zeigt nun allerdings, dass es 2024 für die deutsche Wirtschaft schlimmer kommen könnte, als zunächst angenommen: Im Vergleich zum Vorjahr seien im ersten Halbjahr 2024 die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland um 41 Prozent gestiegen.
Insolvenzen in Deutschland: Überraschender Anstieg um 41 Prozent - Diese Branchen trifft es besonders hart
Die Zahlen kommen überraschend, da die erwartete Steigerung der Unternehmensinsolvenzen zu Jahresbeginn lediglich bei 30 Prozent lag. Der tatsächliche Anstieg von 41 Prozent übertraf somit die Prognosen der Sanierungsexperten deutlich, heißt es in dem Bericht. Insgesamt seien 162 Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als zehn Millionen Euro insolvent gegangen. Besonders nennenswert waren in diesem Zusammenhang prominente Firmen, wie der Reiseveranstalter FTI, die Warenhauskette Galeria und auch das Modeunternehmen Esprit. Neben den bereits zu Beginn erwähnten Gründen für die Insolvenzen macht die Analyse der Restrukturierungsexperten auch den Fachkräftemangel und die deutsche Bürokratie für die schwache wirtschaftliche Lage aus.
FTI storniert alle Reisen - 175 000 Kunden betroffen
Vornehmlich, berichtet das Handelsblatt, seien allerdings drei Branchen von der Pleitewelle betroffen: Immobilienunternehmen, Automobilzulieferer und Maschinenbauer. Für die Baubranche komme erschwerend hinzu, dass die Unternehmen aufgrund fehlender Aufträge und signifikanter Umsatzrückgänge bei Baumittelherstellern unter Druck stünden. Im ersten Quartal 2024 hätten die Unternehmen einen Umsatzrückgang von fast 60 Prozent im Vergleich mit 2021 verzeichnet. Die Experten erwarten, dass sich diese Situation in den kommenden Monaten noch verschärfen könnte.
Raus aus der Insolvenz - Sanierungen schlagen immer häufiger fehl
Die aktuelle Lage und hohe Zinsen machen Sanierungen und Investitionen in angeschlagene Unternehmen zunehmend unattraktiv, wie die Nachrichtenagentur Reuters in einem Bericht zu dem Thema feststellt. Daher müssen viele Unternehmen im Insolvenzverfahren endgültig den Betrieb einstellen. Die Rettungsquote sinke, weil Investoren glauben, dass der Tiefpunkt bislang noch nicht erreicht sei. Laut Dirk Andres, einem Insolvenzverwalter, konnten von den 279 Unternehmen, die 2023 Insolvenz anmeldeten, bis Ende des ersten Halbjahres 2024 nur 35 Prozent gerettet werden - entweder durch einen Verkauf an einen Investor oder durch Zustimmung der Gläubiger zu einem Insolvenzplan. Im gleichen Zeitraum vor drei Jahren lag diese Quote noch bei 57 Prozent.
Trotz der insgesamt schlechten Zahlen für das erste Halbjahr 2024 ist in den vergangenen zwei Monaten ein leichter Rückgang der Insolvenzen zu beobachten. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) lässt gegenüber Reuters verlauten, dass die Zahl der Insolvenzen im Juni den zweiten Monat in Folge gesunken ist. Während im April in vielen Branchen Höchstwerte erreicht wurden, liegen die Zahlen jetzt wieder deutlich niedriger. Dennoch sind die Insolvenzen seit einem Jahr höher als der Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.
Laut dem IWH-Insolvenztrend betrug die Zahl der Firmenpleiten im Juni 1169. Anhand der Frühindikatoren ließe sich jedoch kein stabiler Trend für die kommenden Monate vorhersagen, erklärten die Experten.
Kommentare von Lesern
für unseren Newsletter an