Die Deutsche Bahn hat im ersten Halbjahr 2024 einen Verlust von rund 1,2 Milliarden Euro erlitten. Ursachen waren laut Konzern unter anderem Streiks, Extremwetter, Baustellen und eine schwächelnde Nachfrage. Als Reaktion plant das Unternehmen nach Informationen mehrerer Medienberichte, darunter tagesschau.de, nun offenbar einen umfangreichen Personalabbau, vorwiegend in der Verwaltung, um Kosten zu senken und effizienter zu arbeiten. "Wir wollen in den nächsten fünf Jahren den Personalbedarf um etwa 30.000 Vollzeitpersonale reduzieren", sagte Finanzchef Levin Holle nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz.
Kommentar: Da diese 30.000 Stellen nicht alle mit 100 % beschäftigt sein werden, wird es sich um weitaus mehr Mitarbeiter handeln, die am Ende entlassen werden. Und die Bahn nicht vor weiteren Unwettern verschont bleiben.
Allein dieses Jahr sollen demnach 1.500 Arbeitsplätze wegfallen. An anderer Stelle könnten aber neue Jobs entstehen, Betriebspersonal etwa werde weiter gesucht. Allein im vergangenen Jahr gab es bei der Deutschen Bahn über 28.000 Neueinstellungen - fast so viele, wie nun entlassen werden sollen. Und diese Zahl soll sich nicht verringern. Gegenüber der Personalwirtschaft sagt eine Bahnsprecherin: "In diesem Jahr und auch in den nächsten Jahren werden wir voraussichtlich wieder 25.000 neue Mitarbeitende insbesondere in den operativen Bereichen der Eisenbahn in Deutschland einstellen. Bei Berufen wie zum Beispiel Triebfahrzeugführer oder Zugverkehrssteuernde machen wir bei den Einstellungen deshalb keine Abstriche."
Die Deutsche Bahn wolle gleichzeitig "einsparen und reinvestieren". Durch die Einsparungen in der Verwaltung wolle man effizienter werden und gleichzeitig Mittel haben, die in den operativen Bereich investiert werden könnten. Warum die Mitarbeitenden aus der Verwaltung, welche ihren Job verlieren werden, nicht auf die Stellen im operativen Bereich umgeschult werden, wollte die Sprecherin nicht kommentieren.
Trotz des aktuellen Defizits erwartet Bahnchef Richard Lutz, dass die Bahn operativ wieder Gewinne erzielen wird. Zudem sind umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur geplant, um das Schienennetz zu modernisieren und langfristig die Servicequalität zu verbessern. Diese Maßnahmen sind Teil einer umfassenden Strategie, die darauf abzielt, die Bahn wirtschaftlich stabiler zu machen und den Herausforderungen des Marktes zu begegnen.
Der Stellenabbau wird eigenen Aussagen nach sozialverträglich gestaltet, wobei betriebsbedingte Kündigungen möglichst vermieden werden sollen. Der Konzern sieht in der Umstrukturierung eine notwendige Anpassung an die veränderten Marktbedingungen und die steigenden Anforderungen an den Schienenverkehr. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) empfindet die Stellenstreichungen als gerechtfertigt. Allerdings nur, "wenn sie in der Verwaltung stattfinden und nicht im direkten Bereich", so ein GDL-Sprecher. Auf die Frage, ob nicht auch Umschulungen statt Stellenstreichungen sinnvoll seien, antwortet die GDL: "Umschulungen machen immer Sinn." Die Frage sei jedoch, ob die Betroffenen überhaupt in den direkten Bereich wechseln und dort arbeiten wollen.
Kommentar: Die GDL vertritt dabei vorrangig ihre eigenen Interessen.
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sieht das schon kritischer - wohl weil höchstwahrscheinlich auch mehr ihre Mitglieder vom Stellenabbau betroffen sein werden. "Der angekündigte Stellenabbau scheint vor allem budgetgetrieben und nicht durch konkrete Maßnahmen hinterlegt. Unbeantwortet bleibt die Frage, wie es die DB schaffen will, mehr Schienenverkehr mit weniger Menschen zu betreiben", heißt es vonseiten der EVG. Gleichzeitig stellt die EVG klar: Es spreche nichts dagegen, "Prozesse und Strukturen im Unternehmen auf den Prüfstand zu stellen und zu hinterfragen". Allerdings müsse eine Personalanpassung mittels klarer Maßnahmen durchgeführt werden.
In Deutschland ist der DB-Konzern mit etwa 231.080 Mitarbeitenden einer der größten Arbeitgeber des Landes.
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