München - Die 10.000 Mitarbeiter im Daimler-Truck-Werk in Wörth bei Karlsruhe sollen im Herbst zum Teil in Kurzarbeit gehen.
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© REUTERS/Fabian BimmerARCHIV: Medienvertreter stehen neben einem elektrisch angetriebenen Actros-Lkw am Stand des deutschen Lkw-Herstellers Daimler Truck auf der IAA Transportmesse, 19. September 2022.
"Wir werden im September in Wörth mit Kurzarbeit beginnen", sagte Vorstandschef Martin Daum am Donnerstag in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart. Für wie viele der Beschäftigten sie gelten werde, sei offen. Der Lkw-Hersteller reagiert damit auf die enttäuschende Nachfrage in Europa. Deutschland sei einer der schwächsten Lkw-Märkte auf dem Kontinent, und ausgerechnet hier habe Daimler Truck einen doppelt so hohen Marktanteil wie die Konkurrenz, sagte Daum. Die Produktion sei zuletzt um 40 Prozent gefallen.

"Wir müssen uns an die niedrigeren Produktionsmengen anpassen", sagte Daum in einer Telefonkonferenz: "Wir scheuen dabei keine harten Entscheidungen." Leiharbeiter seien bereits im April abgebaut worden, die Arbeitszeitkonten leer. Mit Kurzarbeit könne man Entlassungen vermeiden. Finanzvorständin Eva Scherer kündigte einen Einstellungsstopp an, die Ausgaben würden eingefroren. Weitere Sparmaßnahmen sollen folgen. "Aber dafür brauchen wir noch etwas Zeit", sagte Scherer.

Anders als erhofft zeigt der Lkw-Markt in Europa und Asien keine Anzeichen einer Erholung. Zu Jahresbeginn sei er noch davon ausgegangen, dass ein deutlich besseres zweites Halbjahr den Rückstand aus dem ersten wettmachen werde, sagte Daum. Doch im zweiten Quartal brach der Absatz von Daimler Truck in Europa um 22 Prozent ein, im ersten Halbjahr lag er 15 Prozent unter Vorjahr. "Irgendwann muss er sich wieder erholen - die Frage ist nur wann", sagte Daum.


Kommentar: Es wird keine Erholung mehr geben, solange Russland weiterhin sanktioniert wird. Die Insolvenzen steigen in Deutschland, Autozulieferer gehen pleite. Und Daimler-Truck ist ein weiteres deutsches Unternehmen, was schwächelt.


Obwohl das Nordamerika-Geschäft auf Rekordniveau ist und auch der Verkauf von Bussen floriert, kann Daimler Truck seine Prognosen für das laufende Jahr nicht halten. Der Lkw- und Bus-Absatz werde mit 460.000 bis 480.000 Fahrzeugen um 30.000 geringer ausfallen als erwartet. Allein bei der Marke Mercedes-Benz werden es 20.000 weniger, in Asien 10.000. Der Umsatz soll mit 53 bis 55 Milliarden Euro zwei Milliarden geringer ausfallen als geplant. Für das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) geht Daum nicht mehr davon aus, dass sich das Vorjahresniveau von knapp 5,5 Milliarden Euro halten lässt.

Im zweiten Quartal ging der Umsatz weltweit um vier Prozent auf 13,3 Milliarden Euro zurück, das bereinigte Ebit um 18 Prozent auf 1,17 Milliarden Euro. Der Auftragseingang macht mit einem Minus von fünf Prozent ebenfalls wenig Hoffnung. Die Daimler-Truck-Aktie gab um 3,5 Prozent auf 34,50 Euro nach.

DEM "DIESEL-KÖNIG" FEHLEN ERDGAS-LKW

In Asien wurden die Hoffnungen auf einen Lkw-Boom in Indien enttäuscht, und in China ist der Markt für Diesel-Lastwagen um 70 Prozent eingebrochen, wie Daum sagte. Das Land werde derzeit von billigem Erdgas aus Russland überschwemmt, das dort als Lkw-Antrieb eine beliebte Alternative zum Diesel ist. Daimler habe aber keine Erdgas-Lkw im Angebot. "Wir sind die Diesel-Könige."


Kommentar: Siehe oben.


Der Markt liege ohnehin darnieder, sagte Daum. Man habe damit gerechnet, dass China mindestens 800.000 neue Lkw im Jahr brauche - doch nun lägen die Verkaufszahlen im vierten Jahr in Folge unter 500.000. Das sei auch der Grund, warum Daimler 120 Millionen Euro auf sein Gemeinschaftsunternehmen Beijing Foton Daimler Automotive (BFDA) abgeschrieben habe - "nicht mehr und nicht weniger".

(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Kirsti Knolle. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)