Ein Drittel der Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern in Deutschland könnte das Gymnasium besuchen, wenn Grundschullehrer ihre Leistungen gerecht bewerten würden.© Kitty Kleist-HeinrichZensiert. Schlechtere Noten lassen sich nur zur Hälfte mit Leistungsrückständen erklären.
Das erklärten Bildungsforscher der Unis in Potsdam, Tübingen und Freiburg/Schweiz am Mittwoch in Berlin. Eine neue Auswertung von Untersuchungen zu Schülerleistungen in Mathematik und den Naturwissenschaften wie Timss und der Berliner Element-Studie zeige, dass Notengebung und Schulempfehlungen wesentlich zur Chancenungleichheit in der Bildung beitragen, heißt es in der Analyse, die von der Vodafone-Stiftung in Auftrag gegeben wurde.
Die Forscher, darunter Kai Maaz von der Uni Potsdam, verglichen Schulnoten mit den Ergebnissen eines schriftlichen, mathematisch-naturwissenschaftlichen Leistungstests, der auch sprachliche Kompetenzen misst. Danach ließe sich die Notengebung zwar zu 51 Prozent mit Leistungsrückständen erklären, die auf mangelnde Förderung im Elternhaus zurückzuführen seien. Einen fast ebenso großen Anteil an der Notengebung aber habe die Einschätzung der Lehrkräfte, die je nach Schichtzugehörigkeit der Schüler bei gleicher Leistung ungleiche Noten vergeben. Daraus folge eine „soziale Verzerrung“ bei der Empfehlung für den Besuch der weiterführenden Schule, heißt es. Die Lehrkräfte „messen dem familiären und sozialen Umfeld eine bedeutsame Rolle beim Schulerfolg bei“, trauen also Kindern aus nichtakademischen Haushalten weitaus weniger zu.