© NASA / public domainProjekt Paperclip Team in Fort Bliss (1946)
Als 1957 der russische Sputnik als erster Satellit die Erde umkreiste, tröstete der amerikanische Komiker Bob Hope seine in ihrem Selbstbewußtsein tief erschütterten Landsleute in einer Fernsehsendung mit dem Witz: "Das ist ganz einfach, ihre Deutschen sind eben besser als unsere Deutschen." Wie in jeder guten Pointe, hatte Hope hier lediglich eine allgemein bekannte Tatsache überspitzt formuliert. Richtiger wäre allerdings gewesen, wenn er gesagt hätte: "Die Russen haben eben viel mehr Deutsche als wir."
© Wikimedia CommonsV2 Rakete
Begonnen hatte es mehr als zwölf Jahre zuvor. Bereits während der Entwicklung der amerikanischen Atombombe, war die
deutsche Konkurrenz ins Visier des Geheimdienstes geraten. Das Auftauchen deutscher Düsenjäger und Raketen verstärkten dieses Interesse. Als die alliierten Armeen dann siegreich in Europa vorstießen,
folgten ihnen Männer, die gezielt nach den Entwicklern der gefürchteten deutschen Geheimwaffen fahndeten. Von den Büroklammern, mit denen die Karteikarten der wichtigsten Ingenieure gekennzeichnet waren, erhielt das Unternehmen seinen Namen: "Operation Paperclip". Wirklich fündig wurden die Jäger allerdings erst, nach dem deutschen Zusammenbruch. Am 2. Mai, fünf Tage vor der Kapitulation, stellte sich Wernher von Braun mit den führenden Mitarbeitern des Raketenzentrums Peenemünde den Amerikanern. Eine Tat, für die nicht wenige einfache Soldaten noch zur selben Zeit gehängt wurden. Andere folgten, und die Amerikaner kamen bald kaum noch damit nach, ihre Beute zu sichten.
Zu den Atomphysikern, Raketenbauern, Flugzeugingenieuren, Elektronik- und Fernlenkspezialisten, kamen Uranvorräte, Raketen, Düsenjäger und tonnenweise Akten und Konstruktionszeichnungen. Bei der Auswertung und Teilung der Beute arbeiteten Amerikaner und Engländer eng zusammen. Schlechter sah es für den dritten im Bunde aus: Die Franzosen fanden ihre Besatzungszone bereits regelrecht ausgeplündert vor, da die angelsächsischen Jagdkommandos bereits alles abgeräumt hatten. Am schlimmsten traf es aber die Russen. Vor ihnen hatten sich nicht nur die meisten Wissenschaftler in Sicherheit gebracht, sondern die Amerikaner hatten auch die unterirdischen Raketenwerke in Thüringen gründlich gesäubert, bevor sie diese an ihre Verbündeten übergeben hatten.
Bald nachdem die Gefangenen gründlich vernommen worden waren, wurde deutlich, daß man zumindest einige von ihnen für eine etwas dauerhaftere Zusammenarbeit benötigen würde. Die Amerikaner hatten die erste Wahl, wollten aber zunächst nur hundert Wissenschaftler zeitlich befristet in ihre Dienste nehmen. Kurz darauf wurde die Zahl jedoch auf 350 erweitert.
Samt ihren Raketen landeten die führenden Köpfe aus Peenemünde nun in New-Mexiko, um dort unter strenger Überwachung ihre Arbeit fortzuführen. Wegen der V-Waffen-Angriffe auf London, war an eine Verwendung deutscher Raketenbauer in England nicht zu denken. Deshalb beschränkte man sich dort auf einige Spezialisten für U-Boote und Düsenjäger. Das waren relativ wenige. Vor allem wenn man bedenkt, daß allein in Peenemünde 5.000 Wissenschaftler und Techniker gearbeitet hatten; ganz zu schweigen von denen, die bei Focke-Wulf, Heinkel, Junkers oder Messerschmitt neue Triebwerke und Fernlenkraketen gebaut hatten. Zwar kamen nicht wenige bei der privaten amerikanischen Luftfahrtindustrie unter, dennoch blieben mehr als genug übrig, denen das zerstörte Deutschland nicht viel zu bieten hatte. Unter ihnen konnten nun auch die Zukurzgekommenen rekrutieren. Zuerst warben die Franzosen mit Forschungseinrichtungen im grenznahen Elsaß und guten Verträgen in Paris. Mit Eugen Sänger und Rolf Engel, zwei Pionieren im Bereich der Raketentriebwerke, Wolfgang Pilz aus Peenemünde und anderen konnten sie jetzt ebenfalls einige hochrangige Spezialisten verpflichten.
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