Verschiedene Medien berichten, eine in der Zeitschrift JAMA Oncology veröffentlichte neue Studie zeige, dass Omega-3-Fettsäuren die Wirksamkeit der Krebsbehandlung mindern könnten. »Krebspatienten, die Hering oder Makrele essen oder ein Omega-3-Ergänzungsmittel einnehmen, könnten gegen die Chemotherapie resistent werden, heißt es warnend in einer Studie«, meldet die britische Tageszeitung Daily Mail.
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Die Berichte verweisen auf die Empfehlung der Wissenschaftler, Patienten sollten während einer Chemotherapie am Tag der Behandlung keinen fetten Fisch essen bzw. Fischöl- oder Omega-3-Nahrungsergänzungsmittel einnehmen. Dabei ging dies aus der fraglichen Studie überhaupt nicht hervor und andere Studien zeigen sogar, dass Omega-3-Fettsäuren nicht nur die Nebenwirkungen der Chemotherapie lindern, sondern sogar deren Wirkung verstärken können.

Bei der Studie wurden gar keine Krebspatienten untersucht

Tatsächlich führten die Forscher bei der JAMA-Oncology-Studie zwei getrennte Untersuchungen durch. Zum einem befragten sie 118 Krebspatienten, ob sie regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel einnahmen, und erhielten die Bestätigung, dass elf Prozent Omega-3-Mittel schluckten. Getrennt davon ermittelten die Forscher die Omega-3-Werte bei Patienten ohne Krebs.

Wenig überraschend stieg der Blutwert von Omega-3-Fettsäuren, wenn zehn Milliliter eingenommen wurden, und noch stärker bei der Einnahme von 50 ml. Innerhalb von acht Stunden kehrte der Wert wieder auf das normale Niveau zurück.

Außerdem ergab die Studie, dass die Omega-3-Blutwerte der Patienten stärker stiegen, wenn sie 100 Gramm Hering oder Makrele aßen - fette Fische, die bekanntermaßen reich an Omega-3-Fettsäuren sind - , als nach dem Verzehr von Thunfisch, der weniger Omega-3 enthält.

Der Omega-3-Wert stieg auch nach einer Mahlzeit mit Lachs, fiel aber schneller auf den Normalwert zurück. Was das im Einzelnen bedeutet, ist unklar, da Omega-3-Fettsäuren vielleicht aus dem Blut verschwinden, weil sie von den Zellen, die sie dringend brauchen, aufgenommen werden.

Warum sollten diese Ergebnisse Alarm auslösen? Die Forscher sagten, laut Studien an Mäusen könnten Omega-3-Fettsäuren Krebszellen gegen Chemo-Medikamente immun machen. Der Wissenschaftler Emile Voest: »Unsere Ergebnisse ... wecken Bedenken über die gleichzeitige Einnahme chemotherapeutischer Mittel und Fischöl. ... Wir raten Patienten, vom Tag vor der Chemo-Behandlung bis zum folgenden Tag auf Fischöl zu verzichten.«

Diese Empfehlung wurde von einigen Medien fälschlich so dargestellt, als sollte Fischöl auch am Tag vor und nach der Chemo gemieden werden - obwohl die Studie zeigte, dass die Blutwerteinnerhalb von acht Stunden wieder auf das normale Niveau zurückkehrten.

Hinweise deuten auf das Gegenteil

Krebs- und Ernährungsspezialisten äußerten sich skeptisch, ob neue Empfehlungen aufgrund einer Studie erteilt werden sollten, bei denen die Wirkung von Krebsmitteln gar nicht untersucht wurde. »Diese Arbeit zeigt, dass bei gesunden Freiwilligen die Einnahme von Fischöl-Ergänzungsmitteln - nicht überraschend - den Blutwert einer bestimmten ungesättigten Fettsäure erhöht«, sagte Keith Jones vom Institute of Cancer Research.

»Es handelt sich um eine vorläufige Studie, die eine Messung bei gesunden menschlichen Probanden und eine andere aus einem Mäusemodell für Krebs verwendet und beide Ergebnisse auf menschliche Krebspatienten extrapoliert«, sagte er. »Bevor Patienten eine klare Empfehlung erteilt werden kann, sind weitere Studien erforderlich - und diese müssen eine Korrelation zwischen Blutwerten der Fettsäuren bei behandelten Mäusen und der Wirkung auf die krebshemmenden Medikamente beinhalten, um eine klare Verbindung zu zeigen.«

»Es gibt keinen Beweis dafür, dass Mäuse diese Fettsäure genauso verstoffwechseln wie Menschen, insbesondere Krebspatienten.« Andere Studien kämen zu völlig anderen Ergebnissen,sagte die Ernährungswissenschaftlerin Catherine Collins vom St. George’s Hospital NHS Trust:

»Sonstige Studien über Fischöl und Krebsmedikamente zeigten andere Wirkungen, es ist also möglich, dass die Art der Krebserkrankung und die Krebsbehandlung anders auf Menge und Art des aufgenommenen Fischöls reagiert«, sagte sie.

Beispielsweise ergab eine 2014 im Journal of Clinical Oncology veröffentlichte Studie, dass ein Omega-3-Ergänzungsmittel die Häufigkeit von Nervenstörungen durch das Chemomittel Paclitaxel signifikant senkte. Andere Studien zeigten, dass Omega-3-Fettsäuren die Nebenwirkung der Chemo linderten, die Wirkung erhöhten und das Krebswachstum verlangsamten und damit potenziell das Leben von Krebspatienten verlängerten sowie die Lebensqualität verbesserten.



Quellen:

asco.org
nih.gov
nydailynews.com
philly.com
dailymail.co.uk