Das ganze Jahr ackern die Landwirte auf diese Wochen hin und dann dieses Wetter. Durch den Regen gehen Ernte, Ertrag und Qualität in diesem Jahr vielerorts baden.
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Niedrige Erträge, enttäuschende Qualitäten und eine Ernte, die immer wieder unterbrochen wird. In vielen Regionen Deutschlands zeigt das Wetter in diesen Wochen, wie essentiell es trotz allen wissenschaftlichen Fortschritts in Pflanzenbau, Züchtung und Landtechnik für die Landwirtschaft ist.

"Aufgrund des unbeständigen Wetters mit häufigen Niederschlägen musste die Getreideernte immer wieder unterbrochen werden. Das ist nervenaufreibend und belastet unsere Bauern zusätzlich, nachdem die Ernteergebnisse bei Wintergerste und Raps alles andere als zufriedenstellend sind", erklärte der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Karsten Schmal, beim Pressegespräch am Donnerstag in Eschborn im Main-Taunus-Kreis.

Während die erste Jahreshälfte 2015 viel zu trocken gewesen sei, sei es in diesem Jahr, insbesondere in Südhessen, viel zu nass gewesen. Bei den Niederschlagsmengen ergebe sich ein auffälliges Süd-Nord-Gefälle.

Je nach Witterung verfrühter Erntestart

Auch deshalb startete die Wintergerstenernte in Nordhessen schon in der ersten Juliwoche, etwa zeitgleich mit dem Rhein-Main-Gebiet. "Besonders regenreich und sonnenscheinarm war der Juni. Das hat die Kornausbildung merklich gehemmt", erklärt Schmal. Folge sind Erträge, die wie bei der Wintergerste im Durchschnitt etwa zehn Prozent unter dem fünfjährigen Mittel von 64 dt je Hektar und Hektolitergewichte mit teilweise weniger als 60 Kilogramm.

In den Regionen mit einem Überangebot an Wasser verursachte zudem Staunässe im Wurzelraum der Pflanzen Sauerstoffmangel. Dies beeinträchtigt das Wurzelwachstum und führt zu Mindererträgen. "In erster Linie waren die besseren Standorte davon betroffen. Flachgründigere Böden haben die hohen Niederschläge besser verkraftet und für ihre Verhältnisse durchschnittliche bis gute Ernteergebnisse gebracht", erläutert LBV-Präsident Schmal.

Kostenfaktor: Feuchtes Getreide muss getrocknet werden

Auch in Niedersachsen zehrt der zögerliche Erntefortschritt an den Nerven der Ackerbauern. Muss das Getreide feucht gedroschen werden, ist eine teure Trocknung erforderlich.

Schwierig bleiben laut Landvolk auch die Ernteschätzungen. So hätten zu viele Körner entgegen dem ersten Eindruck noch längst nicht die notwendige Reife erreicht. Auch hier musste das Korn aufwändig nachgetrocknet werden. Bislang haben die niedersächsischen Ackerbauern nur die Wintergerste weitgehend abgeerntet, Ausnahmen davon dürfte es laut Landvolk noch in den traditionellen Spätdruschgebieten an der Küste sowie im südniedersächsischen Bergland geben.

Die Weizenernte steht jetzt eigentlich an, ebenso wie die des Roggens. "Die Mähdrescher haben aber bisher allenfalls ein Drittel der gesamten Weizenfläche abgeerntet, beim Roggen wurde erst zaghaft begonnen", fasst Landwirt Jürgen Hirschfeld aus dem Harz die Umfragen des Landvolkes zusammen. Erste Schätzungen waren in Niedersachsen von 6,7 bis 6.8 Mio. t Getreide ausgegangenen, dieser Wert dürfte schwierig zu halten sein.



Erntepausen und höhere Pilzbelastung

Ähnlich sieht es in Bayern aus. "Die Ernte von Winterweizen und Roggen gestaltet sich wegen der unbeständigen Witterungsbedingungen in diesem Jahr schwierig. Der ständige Regen auf die erntereifen Bestände verhindert eine zügige Ernte", sagt Anton Huber, Getreidereferent beim Bayerischen Bauernverband.

Die niedrigen Getreidepreise belasten die Bauern, zusätzlich kommen aufgrund der feuchten Erntebedingungen zusätzliche Abzüge für Trocknungskosten hinzu. "Angesichts der niedrigen Energiepreise fordern wir den Landhandel auf, die Trocknungskosten zu senken", sagt Huber.

Beim Weizen sind bereits 15 Prozent geerntet, hier seien bereits Einbußen spürbar. Das feuchtwarme Wetter begünstigt auch die Fusariumbelastung auf den Feldern. "Wenn sich die Ernte noch weiter hinauszögert, wird sich die Situation noch weiter verschlechtern und wir bekommen hier erhebliche Probleme", meint Huber. Sorgen bereitet den Bauern auch die teilweise starke Verunkrautung auf den Feldern, die eine schnelle Abtrocknung obendrein behindert.

LBV Hesses/LPD/BBV/Hermann Krauß/agrarheute