Deutschlands Grundwasser ist zunehmend mit Nitrat belastet. Der Grenzwert wird immer häufiger überschritten. "Das ist der Preis für die Billigschnitzel", erklärt die Grünen-Bundestagsabgeordnete Höhn. Die durch Massentierhaltung verursachte Gülle koste jährlich Millionen.
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Inzwischen wird bei fast einem Drittel der Fläche der Bundesrepublik der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter überschritten. In einzelnen Bundesländern ist die Ausdehnung der belasteten Fläche sogar noch höher: In Nordrhein-Westfalen werden die EU-Vorgaben auf 40 Prozent der Landesfläche nicht mehr erfüllt, in Schleswig-Holstein auf 50 Prozent und in Niedersachsen sogar auf mehr als 60 Prozent, wie aus einer Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht, die dem ZDF vorliegt. Zuvor hatte der Rechercheverbund aus NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung darüber berichtet.

Höhn: Anstieg geht auch künftig weiter

"Die Massentierhaltung versaut uns das Grundwasser", beklagt Bärbel Höhn (Grüne), Vorsitzende des Bundestags-Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, gegenüber heute.de, "das ist der Preis für die Billigschnitzel". Immer mehr Tiere in Großställen verursachten immer mehr Gülle, die auf den Feldern entsorgt wird. Dies koste die Deutschen jedes Jahr zusätzlich mehrere Milliarden Euro, "weil die Wasserversorger unbelastetes Wasser ohne Nitrat heranschaffen müssen".

Da Nitrate oftmals Jahre brauchen, bis sie vom Acker ins Grundwasser gelangen, werde der Anstieg bei den betroffenen Messstellen mit den Grenzwertüberschreitungen vermutlich fortschreiten, so Höhn weiter. Dies sei "besorgniserregend". Die EU-Kommission habe Deutschland bereits vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt, weil sie keine geeigneten Maßnahmen ergreife.

Agrarminister will neue Düngeverordnung

"Wir brauchen einen Neustart in der Landwirtschaftspolitik", fordert die Grünen-Politikerin. Es gebe zu viele Tiere, deren Verkauf viel zu wenig einbringe. "Diesen Trend müssen wir umkehren, damit weniger Gülle auf die Felder kommt." Der Boden dürfe nur so viel Dünger bekommen, wie er vertragen könne ohne dabei das ökologische Gleichgewicht durcheinander zu bringen.

Handlungsbedarf sieht auch der zuständige Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU). "Die Landwirtschaft hat einige Schlüssel in der Hand - deswegen sind wir auch seit längerer Zeit dabei, eine neue Düngeverordnung auf den Weg zu bringen", sagte Schmidt dem Rechercheverbund.

Bauernverband bezweifelt neue Zahlen

Allerdings wurde diese Gesetzesnovelle trotz mehrfacher Ankündigungen bis heute nicht verabschiedet. Laut Umweltministerium laute der neueste Termin nun Frühjahr 2017. Der größte Widerstand gegen eine Verschärfung der Regeln zur Ausbringung und Lagerung von Gülle komme aus der Landwirtschaft.

So nannte es der Deutsche Bauernverband in einer schriftlichen Stellungnahme "problematisch, dass die Düngeverordnung viele detaillierte Regelungen vorsieht, die zu starr und nicht praxistauglich sind". Der Verband bezweifelt dem Bericht zufolge die jüngsten Zahlen des Umweltministeriums zur Nitratbelastung des Grundwassers. Der Nitratbericht aus dem Jahr 2012 zeige vielmehr eine deutliche Verbesserung der Grundwasserqualität.

Schwangere und Kleinkinder besonders gefährdet

Überhöhte Mengen von Nitrat führen zu starken Wasserverunreinigungen und verringern die biologische Vielfalt in den Gewässern. Eine Nitratkonzentration über dem gültigen Grenzwert kann nach Angaben der EU-Kommission erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen haben, insbesondere auf schwangere Frauen und Kleinkinder.