Die Autobranche hat in den vergangenen Jahren massiv in die Elektromobilität investiert und große Produktionskapazitäten geschaffen. Doch mit Blick auf die aktuellen Absatzzahlen stellt sich die Frage: Waren Volkswagen und Co. da vielleicht doch zu voreilig?
Kommentar: Ja, das waren sie. Und auch blind und naiv diesem Grünen Trend zu folgen.
Im Juni sank die Zahl der neu zugelassenen Elektroautos in Europa gegenüber dem Vorjahresmonat um ein Prozent. In 13 Ländern wurden rückläufige Absatzzahlen registriert. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sank der Marktanteil von Elektroautos von 15,1 auf 14,4 Prozent. Das geht aus den aktuellen Zahlen des Verbands der europäischen Automobilhersteller (ACEA) hervor.
Gute Neuwagengeschäfte in Italien, Deutschland und Spanien
Der rasante Anstieg von Elektro-Fahrzeugen in Belgien und Italien mit einem Plus von 50,4 Prozent beziehungsweise 117,4 Prozent konnte demnach die zweistelligen Rückgänge in Deutschland, den Niederlanden und Frankreich nicht ausgleichen.
Damit zeigen die Elektroautoverkäufe eine gegenläufige Entwicklung zum Gesamtmarkt. Insgesamt legten die Neuwagenverkäufe im vergangenen Monat in Europa um 4,3 Prozent zu - vor allem dank florierender Geschäfte in Italien, Deutschland und Spanien.
E-Auto-Absatz in Deutschland rasant gefallen
Doch was sind die Gründe für die Schwäche beim Elektroautoabsatz in der EU? Expertinnen und Experten verweisen in erster Linie auf gesunkene oder auslaufende Förderungen. Deutschland ist da ein gutes Beispiel: 2023 erreichte der Absatz von Elektroautos in Deutschland mit 524.200 noch einen neuen Höchstwert.
2024 dürfte diese Zahl allerdings deutlich niedriger liegen, das zeigt ein Blick auf die Halbjahreszahlen: So wurden zwischen Januar und Juni nur 184.100 E-Autos neu zugelassen - ein Minus von 16,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Hintergrund ist das abrupte Ende des Umweltbonus: Im Dezember vergangenen Jahres wurde das Ende der staatlichen E-Auto-Förderung bekannt gegeben.
Was derzeit gegen E-Autos spricht
Doch der Wegfall des Umweltbonus ist nicht der einzige Grund, der Kundinnen und Kunden vor dem Kauf eines Elektroautos zurückschrecken lässt: Das Kundeninteresse an dieser Technologie sei nach wie vor überschaubar, erklärt EY-Verkehrsexperte Constantin Gall.
"Auch die neu entfachte europaweite Diskussion über eine mögliche Anpassung des Verbrennerverbots ab 2035 sorgt für Verunsicherung und Kaufzurückhaltung", so der Autofachmann. "Zudem sind E-Autos vielen Neuwagenkäufern immer noch zu teuer, und auch bei den Themen Reichweite, Ladedauer und Ladeinfrastruktur bleiben viele Kunden skeptisch."
Kommentar: Auch einer der größten Mietautofirmen distanziert sich seit einer Weile:
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Massive Preisunterschiede zwischen E-Autos und Verbrennern
Tatsächlich hat derzeit kein deutscher Hersteller ein E-Auto für unter 25.000 Euro im Angebot, der E-Auto-Kauf bleibt somit eine Anschaffung für Besserverdienende. Die Preisunterschiede zwischen E-Autos und Verbrennern seien immer noch beachtlich, zu diesem Schluss kommt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom privaten CAR-Institut in einer aktuellen Studie.
So koste ein VW Golf mit einem 1,5-Liter-Verbrennungsmotor bei einem ermittelten Transaktionspreis von 23.443 Euro immer noch 9.220 Euro weniger als der Elektro-Bruder ID3. Beim Opel Corsa koste das Batteriemodell sogar über 13.600 Euro mehr.
Renaissance des Verbrenners - Herausforderung für Autobauer
Die Autobranche stellt die gesunkene Nachfrage nach Elektroautos derweil vor große Probleme. Schließlich hat sie in den vergangenen Jahren massiv in den Ausbau der Produktionskapazitäten für Stromer investiert. "Die Prognosen, die ein kontinuierliches Absatzwachstum vorhersagten, waren viel zu optimistisch, wie sich jetzt zeigt", betont EY-Experte Gall. Der Verbrenner erlebe eine Renaissance.
"Einige Hersteller passen ihre Elektro-Ziele an diese neue Realität an und verlängern nun das Nebeneinander von Verbrennern und Elektroautos - was viel Geld kosten wird."
Aus für VW-E-Auto-Werk in Brüssel?
Wie hart das schwindende E-Auto-Interesse der Kundinnen und Kunden die Autokonzerne zu treffen vermag, zeigt das Beispiel VW: Die Wolfsburger kündigten in der vergangenen Woche an, ihr Werk in Brüssel auf den Prüfstand zu stellen. Hintergrund ist die schwache Nachfrage nach dem Oberklasse-E-Auto Audi Q8 e-tron. Sollte tatsächlich das Aus für die Fertigungsstätte kommen, wäre es das erste Mal seit Jahrzehnten, dass Volkswagen ein Werk schließen muss.
Der VW-Konzern stellt sich nun auf Zusatzbelastungen in Höhe von 2,6 Milliarden Euro ein, darunter fallen auch Rückstellungen für den Personalabbau bei der Kernmarke Volkswagen Pkw in Höhe von 0,9 Milliarden Euro an.
Kommentar: Auch gibt es bereits Probleme bei Zulieferern:
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