Viele Parasiten und Krankheitserreger manipulieren das Verhalten ihres Wirtes zu ihrem eigenen Vorteil. Das reicht vom Erreger versprühenden Hustenreiz bei Tuberkulose über Toxoplasma-infizierte und deswegen weniger katzenscheue Mäuse bis hin zu Pilzen, die Ameisen in den Wipfel von Bäumen zwingen. Bei einer Klasse von Insektenpathogenen, den
Baculoviren, haben Forscher jetzt den genetischen Hintergrund dieser fachlich als externer Phänotyp bezeichneten Übernahme durch einen Dritten aufgedeckt.
© Michael GroveRaupe des Schwammspinners Lymantria dispar
Das
Baculovirus LdMNPV (
Lymantria dispar nucleopolyhedrovirus) infiziert die Raupen des Schwammspinners
Lymantria dispar. Normalerweise verstecken sich die Raupen tagsüber am Boden oder in Spalten der Baumrinde vor Räubern und fressen nur nachts die Blätter. Das
Baculovirus verursacht jedoch eine als Wipfelkrankheit bekannte Verhaltensänderung, bei der die infizierten Raupen mit letzter Kraft in die obersten Wipfelregionen der Bäume kriechen. Dort sterben sie und verflüssigen sich durch ein spezielles Virusenzym - und die mit Viruspartikeln beladene Flüssigkeit tropft auf jene Blätter, von denen noch nicht infizierte Schwammspinner-Raupen in der nächsten Nacht fressen werden.