© AFP 2018 / CHRISTOF STACHE
Am Nachmittag des 4. Januar verpasste ich einer Reihe von Artikeln den letzten Schliff, in denen es um die Aktivitäten der Integrity Initiative in Deutschland geht, als das Hacking-Syndikat Anonymous eine weitere Tranche von Dateien veröffentlichte, die den internen Servern des Unternehmens entnommen waren. Der Inhalt war so explosiv, dass ich mich gezwungen sah, das mehrteilige Projekt auf Eis zu legen.
Der neue Fund enthielt mehrere
sehr belastende Akten im Zusammenhang mit der Vergiftung Sergei Skripals im März 2018, was einige sehr ernste Fragen über den zwielichtigen britischen Staat und die NATO-finanzierte "Denkfabrik" sowie deren Verbindungen zu diesem Fall aufwarf.
Wenige Stunden nach der Veröffentlichung eines Artikels, der auf einer vorläufigen Untersuchung der Dokumente basiert, erhielt ich eine merkwürdige E-Mail vom Politikwissenschaftler Hannes Adomeit - mit dem Betreff "Strafanzeige gegen Kit Klarenberg" - so dass ich ziemlich froh war, die Fertigstellung meiner deutschen Serie verschoben zu haben.
"Strafrechtliche Vorwürfe"Seit einigen Tagen hatte ich versucht, ihn und andere Personen zu kontaktieren - prominente deutsche Politiker, Geschäftsleute, Militärbeamte, Wissenschaftler und Journalisten - die in einem
"Zwischenbericht" über die deutsche Gruppe erwähnt waren.
Es schien, dass Adomeit die Gruppe leitete und im Oktober 2018 das Schriftstück für seine Zahlmeister bei der Initiative verfasst hatte.Antworten auf meine Anfragen gab es nur wenige, und Adomeits E-Mail gab möglicherweise Aufschluss darüber, warum das so war - er hatte meine E-Mail nämlich automatisch in seinem Trash-Folder verschwinden lassen, nachdem er gesehen hatte, dass sie von einer Adresse namens "@sputniknews.com" aus gesendet worden war.
"Im Nachhinein habe ich das jedoch bereut und meinen Kollegen Harold Elletson, den Sie ebenfalls kontaktiert haben, um Ihre Adresse gebeten. Ich habe diese auch der E-Mail entnommen, die Sie an Gemma Poerzgen, Vorstandsmitglied von Reporter Ohne Grenzen, geschickt haben. Die Umentscheidung wurde durch Ihre Kontaktaufnahme mit anderen aktuellen oder potenziellen Mitgliedern der deutschen Gruppe motiviert, und der Punkt, um den es mir geht ist die Frage,
wie es Ihnen eigentlich gelungen ist, Zugang zu vertraulicher Korrespondenz zu erhalten - in diesem Fall Informationen über ein Treffen oder vielmehr das Vorhaben, mich im Oktober letzten Jahres mit Gemma Poerzgen zu treffen. Diese Informationen sind weder von Frau Poerzgen noch von mir in irgendeiner Weise veröffentlicht worden", schrieb er.
Der Chef der deutschen Gruppe der Integrity Initiative Hannes Adomeit droht dem Sputnik-Journalist Kit Klarenberg mit einer "Strafanzeige"
Sehr geehrter Herr Klarenberg,
hiermit möchte ich auf Ihre E-Mail antworten, die Sie mir vor einigen Tagen geschickt haben. Meine Antwort-Mail wird deshalb nicht im <RE>-Modus angezeigt, weil ich Ihre Mail sofort in den Mülleimer verschoben habe, nachdem ich gesehen hatte, dass sie von "sputniknews.com" stammt. Im Nachhinein habe ich es jedoch bereut und meinen Kollegen Harold Elletson, den Sie ebenfalls kontaktiert haben, um Ihre Adresse gebeten. Ich habe diese auch der E-Mail entnommen, die Sie an Gemma Poerzgen, Vorstandsmitglied von Reporter Ohne Grenzen, geschickt haben.
Die Umentscheidung wurde durch Ihre Kontaktaufnahme mit anderen aktuellen oder potenziellen Mitgliedern der deutschen Gruppe motiviert, und der Punkt, um den es mir geht ist die Frage, wie es Ihnen eigentlich gelungen ist, Zugang zu vertraulicher Korrespondenz zu erhalten - in diesem Fall Informationen über ein Treffen oder vielmehr das Vorhaben, mich im Oktober letzten Jahres mit Gemma Poerzgen zu treffen.
Diese Informationen sind weder von Frau Poerzgen noch von mir in irgendeiner Weise veröffentlicht worden. Sollten Sie an diese Informationen gelangt sein, indem Sie sich in das elektronische System des Institute of Statecraft gehackt haben, möchte ich Sie daran erinnern, dass eine derartige Aktion gemäss den Bestimmungen des Deutschen Strafgesetzbuches (Strafgesetzbuch, Abk. StGTB) illegal ist. Der betreffende Paragraph des StGB 202a lautet wie folgt:
Eine kriminelle Straftat nach Paragraph §202a des StGB
Ausspähen von Daten. (1) Wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft, wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe belegt.
Ich bin fest entschlossen, aufgrund dieses unerlaubten Zugriffs Anzeige gegen Sie zu erstatten. Falls Sie nicht die Person sind, die sich illegal Zugriff auf die vertraulichen Informationen verschafft hat, bestehe ich darauf, dass Sie mir nachweisen wie / oder von wem Sie die Informationen erhalten haben
Mit freundlichen Grüßen,
Hannes Adomeit
Er fuhr damit fort, dass ich gegen
§ 202a des Strafgesetzbuches verstoßen hätte und möglicherweise mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren oder einer Geldstrafe rechnen müsse, falls ich durch Hacking in die Systeme des Institute of Statecraft an diese Inhalte gelangt wäre - der Mutterorganisation der Initiative.
"Ich bin fest entschlossen, aufgrund dieses unerlaubten Zugriffs Anzeige gegen Sie zu erstatten. Falls Sie nicht die Person sind, die sich illegal Zugriff auf die vertraulichen Informationen verschafft hat, bestehe ich darauf, dass Sie mir nachweisen wie / oder von wem Sie die Informationen erhalten haben", erklärte er abschließend.
Da ich nicht für dieses Hacking verantwortlich war, ließen mich Adomeits Drohungen ziemlich kalt - tatsächlich war mir sein ominöses Schreiben sehr willkommen,
denn es bestätigte, dass die Akten authentisch waren und er tatsächlich versucht hat, eine Zelle in Deutschland zu gründen. Es zeigte auch, dass einige seiner Zielpersonen offenbar empfänglich für seine Annäherungsversuche waren (Poergzen hat mir gegenüber deutlich gemacht, dass sie nicht zu ihnen gehöre, weil sie "[nicht] deren politische Analyse und Haltung teile").
Darüber hinaus
hat sich gezeigt, dass Elletson - ein langjähriger MI6-Agent - Adomeits "Kollege" war. Ironischerweise
steht die nachrichtendienstliche Tätigkeit für den Geheimdienst einer fremden Macht im Widerspruch zu § 99 StGB, die mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden kann.
''Harte Nuss''Die ausländischen Gruppierungen der Initiative setzen sich aus Personen zusammen, die "die Bedrohung der westlichen Nationen" durch russische "Desinformation" "verstehen" und die mobilisiert werden können, um die Regierungspolitik im Sinne der "angelsächsischen Weltanschauung" zu beeinflussen und eine "strengere Haltung" gegenüber dem russischen Staat einzunehmen.Deutschland ist in dieser Hinsicht vielleicht besonders interessant für die Organisation. Das belegt ein interner
"Fortschrittsbericht zur Etablierung nationaler Gruppen", der im Juli 2018 - einen Monat nach der
Gründung der deutschen Gruppe infolge eines zweitägigen Treffen zwischen Vertretern des Instituts / der Initiative und Adomeit in London - erstellt wurde.
Der Autor des Dokuments erklärt, dass das Land aufgrund der "besonderen Anfälligkeit gegenüber dem russischen Einfluss" ein "sehr schwieriges und zugleich das wichtigste Zielobjekt" sei.Im zuvor erwähnten
"Zwischenbericht" vom Oktober 2018 über die deutsche Zelle erläutert Adomeit in einem Abschnitt zum Thema "Spezifisch deutsche Verhältnisse" weiter, welche Bedeutung Deutschland für die Initiative hat und warum es für die Organisation eine so harte - und entscheidende - Nuss ist, die sie zu knacken hat.
"Russland ist eines [von], wenn nicht sogar das kontroverseste Thema in den Debatten der deutschen Außenpolitik....
das russische Narrativ über die Ursachen für die Beziehungskrise zwischen Russland und dem Westen findet breite Akzeptanz in der deutschen Öffentlichkeit. Ihren Hauptthesen zufolge ersetzten die USA nach dem Ende des Kalten Krieges die Sowjetunion einfach durch [sic] Russland, machten mit ihrer Politik der Eindämmung, Isolation und Demütigung weiter, drangen mit der NATO-Osterweiterung in Gebiete vor, die für russische Interessen als lebenswichtig erachtet werden, und übten Druck auf Europa aus, einschließlich Deutschland, um diese Länder für ihre antirussische Politik auf Linie zu bringen", schreibt er.
Infolgedessen besteht in der deutschen Bevölkerung und in der politischen Klasse ein weit verbreitetes Gefühl, dass das Land "nicht dem US-amerikanischen Ansatz folgen sollte" und dass es "der Dämonisierung Russlands ablehnend gegenüberstehen sollte", damit "das Schreckgespenst des Krieges in Europa nicht wieder aufleben würde".
Kommentar: Mehr über die unverschämte Desinformationskampagne der Integrity Initiative: