Das Parlament hat die größte BND-Reform in der Geschichte beschlossen. Zwei Gesetze sollen die Arbeit des Auslandsgeheimdiensts und dessen Kontrolle neu regeln.
Siegel des Bundesnachrichtendienstes BND
© DPASiegel des Bundesnachrichtendienstes (BND)
Der Bundesnachrichtendienst (BND) und andere Geheimdienste in Deutschland sollen in Zukunft deutlich mehr Befugnisse bekommen. Gleichzeitig soll ihre Arbeit künftig stärker kontrolliert werden. Die Bundesregierung will damit die Konsequenzen aus dem NSA-BND-Skandal um Spionage ziehen.

Der BND war im Zusammenhang mit der weltweiten Datenschnüffelei des US-Geheimdienstes NSA und auch eigenen Abhöraktionen gegen befreundete Staaten in die Kritik geraten.

Die Reform, die aus zwei Teilen besteht, wurde am Freitag mit der Mehrheit und Union und SPD im Bundestag verabschiedet. Die Opposition aus Linken und Grünen kritisierte die Pläne heftig. Auch Datenschützer und Netzaktivisten bemängeln, die angekündigte Reform legitimiere breit angelegte Schnüffelaktionen.

Die Kernpunkte des Gesetzes im Überblick:
  • Unabhängige Kontrolle: Mit dem neuen externen Richter-Gremium reagiert die Koalition auf Vorwürfe, der BND habe ein unkontrollierbares Eigenleben entwickelt. Das dreiköpfige "Unabhängige Gremium" besteht aus zwei Richtern und einem Bundesanwalt am Bundesgerichtshof. Es soll vom Kanzleramt über brisante Aktionen des deutschen Auslandsgeheimdienstes informiert werden und etwa auch seine Zustimmung zu möglicher Spionage gegen Einrichtungen der EU oder ihrer Mitgliedstaaten geben müssen. Die Kontrolleure sollen stichprobenartig jederzeit die vom BND eingesetzten Spionage-Suchbegriffe (Selektoren) überprüfen können. In der Affäre war kritisiert worden, dass der BND zum Teil unzulässige Begriffe etwa gegen befreundete Staaten verwendet hat.
  • Abhöraktionen: Ausdrücklich erlaubt wird Spionage gegen EU-Institutionen oder -Mitgliedstaaten, etwa wenn es um Gefahren für die innere und äußere Sicherheit, die Handlungsfähigkeit Deutschlands oder "Erkenntnisse von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung" geht. Kritiker bemängeln dies als zu schwammig.
  • Verantwortlichkeit: Anders als bisher muss das Kanzleramt auf Antrag des BND-Präsidenten oder eines Vertreters die Spionage in internationalen Telekommunikationsnetzen künftig anordnen. Damit sollen klare Verantwortlichkeiten sichergestellt werden. Früher waren auch heikle Überwachungsmaßnahmen von niedriger BND-Ebene genehmigt worden.
  • Wirtschaftsspionage: Ausdrücklich festgeschrieben wird, was schon gilt: Spionage mit dem Ziel von Wettbewerbsvorteilen für deutsche Unternehmen ist verboten. Es heißt aber auch, die Aufklärung von wirtschaftspolitisch bedeutsamen Vorgängen könne erforderlich sein.
  • Kooperation mit ausländischen Geheimdiensten: Die Kooperation mit internationalen Partnerdiensten wie dem umstrittenen US-Geheimdienst NSA wird unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Ziele dieser Zusammenarbeit müssen demnach etwa der Anti-Terror-Kampf, die Unterstützung der Bundeswehr im Auslandseinsatz oder Informationen zur Sicherheitslage von Deutschen im Ausland sein.
Der zweite Teil der Reform soll aus einem Gesetz zur Geheimdienstkontrolle durch das Parlament bestehen:
  • Ständiger Bevollmächtigter: Weil den Abgeordneten im geheim tagenden Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages oft Zeit für eine tiefere Kontrolle fehlt, wird das Amt eines hauptamtlich arbeitenden "Ständiger Bevollmächtigten" geschaffen. Er wird von dem Gremium eingesetzt, soll "kontinuierliche und strukturierte Untersuchungen" anstellen und die Arbeit der verschiedenen Kontrollgremien koordinieren.
  • Whistleblower: Der Schutz für Mitarbeiter der Geheimdienste, die über Missstände informieren, soll verbessert werden.
  • Transparenz: Jährlich soll es öffentliche Anhörungen der Präsidenten der Nachrichtendienstes des Bundes durch das Kontrollgremium geben - bisher waren die Sitzungen streng geheim.
amz/dpa